Zu den Wanderbewegungen von Lesen und Leben gesellt sich hier die Stimme des Schreibenden, der sich unablässig neu befragt – ob vor dem langen Schatten der Menschheitsgeschichte oder vor dem eigenen, dunklen autobiografischen Hintergrund: dem autistischen Verstummen, dem Hungern, dem Verschlingen von Büchern statt von Nahrung.
»Die wandernden Schatten« eröffnet ein gewaltiges Schreibprojekt: eine stets Fragment bleibende Sammlung aus hingetupften biografischen Skizzen, eindringlichen Aphorismen, Romananfängen und (prä)historischen Erzählungen, welche mal das Persönlichste, mal das Abstrakteste in kristalline Wortmusik bannt.
Für »Die wandernden Schatten« erhielt Pascal Quignard 2002 den Prix Goncourt.
»Für einen Schriftsteller ist die Familie eine wahre Goldgrube: anstatt seinen Erbteil einzufordern, verzichtet der Autor lieber darauf und lässt sich diesen direkt in Form von Fiktion (?) auszahlen«. Was genau in dem nun erstmals in deutscher Übersetzung vorliegenden Schlüsseltext Hervé Guiberts autobiografisch ist und was fiktiv, auch dafür steht das Fragezeichen in obigem Zitat. Als brennende Unbekannte formt und deformiert es die autofiktionale Projektionsfläche einer »Familien-Live-Show« aus Kindheits- und Jugendszenen. Der Leser sieht sich einem flirrenden Spiegel aus Literatur gegenüber, in dessen ätzend-scharfen, traurig-matten, fleischig-sinnlichen Bildern er nicht nur Guibert als radikalen Autor, sondern vielleicht auch sich selbst wiederzuerkennen vermag.
Schauplatz dieses als Detektivgeschichte getarnten autobiographischen Vexierspiels ist Grianta, die Hauptstadt einer fiktiven Bananendiktatur mit dem dort üblicherweise aufwartenden Personal. Auf der Suche nach dem spurlos verschwundenen Krimiautor Robert Serval, aus dessen letztem Werk »Die Krypta« er die Indizien eines tödlichen Verbrechens klaubt, verliert sich der Ich-Erzähler nach einer verwicklungsreichen Abenteuergeschichte schließlich vollends in einem labyrinthischen Spiegelkabinett. Denn je näher er der Lösung zu kommen glaubt – und je mehr mit ihm die Leser sich einen Reim auf die Geschichte in der Geschichte zu machen hoffen –, desto kunstreicher verschwimmen Fiktion und Leben, Autor, Leser und sämtliche Figuren zu einem Roman im Roman.
In gewohnt verschachtelter Manier und mit ungebrochenem Witz ist »53 Tage« das literarische Testament eines der wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts und der fragmentarische, letzte Teil des von Perec schon früh konzipierten autobiographischen Großprojekts, das mit W oder die Kindheitserinnerung seinen Anfang genommen hatte.
Der postum von seinem Freund Harry Mathews und Jacques Roubaud herausgegebene Text präsentiert die ersten zwölf, rasant geschriebenen Kapitel ergänzt um die hinterlassenen, fragmentarischen Aufzeichnungen – für eine für immer offen bleibende Deutung.