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Topali, Maria

Maria Topali wurde in den 60er Jahren in Thessaloniki, Griechenland geboren. Das Haus ihrer Eltern, auf dessen Dach einige Bienenstöcke des Großvaters standen, lag an einer noch nicht asphaltierten Straße, jenseits der byzantinischen Stadtmauern im Westen der Stadt. Pferdekarren zogen vorbei, der Kontrast zum modernen Stadtzentrum war krass. Die multiethnische Vergangenheit der Stadt blieb bis Anfang des 21. Jahrhunderts tief begraben; doch jüdische und türkische Begriffe hatten als Ortsnamen und in der Esskultur überlebt. Für Marias Kinderohren hatten sie einen magischen, aber auch beunruhigenden Klang. Ähnlich erging es ihr mit dem pontischen Dialekt, der mittelalterlichen Sprache der Schwarzmeer-Griechen. Das war die Sprache ihrer Vormittage, die sie mit Großvater und Tagesmutter verbrachte, da die Eltern berufstätig waren. Kamen sie von der Arbeit zurück nach Hause, wechselte die Sprache in das normale Alltagsgriechisch.
Schon als Kind schrieb Maria Gedichte. Es war ihr Versuch, aus dem einen Ich in das andere zu übersetzen, ohne dabei die Widersprüche einzuebnen, sie unter den Tisch fallen zu lassen. Sie besuchte die Deutsche Schule in Thessaloniki, deren Gründung noch in die Zeit des osmanischen Reichs zurückreichte. Die Familie zog in den östlichen Teil der Stadt. Dialekt und Bienen blieben zurück – vielmehr sickerten ein in ihr Schreiben.
Die Wurzeln lang ziehen</a>

Die Wurzeln lang ziehen

In ihrem biografischen Essay/Memoir, ergänzt um rund dreißig Gedichte, erzählt Topali von ihrer aus der Pontos-Region am südlichen Schwarzen Meer stammenden Familie, in der sich die „Kleinasiatische Katastrophe“ vielschichtig spiegelt: so die Bezeichnung der Griechen für das Ende und die Konsequenzen des verlorenen griechisch-türkischen Kriegs (1919–1922).