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- Leserin
- Gesamtbewertungen: 1
- Durchschnitt: 5.00
- Datum: 10.12.2025
Männer töten Frauen, weil es eben geht: Ein Femizid aus vielen Perspektiven
Die Mutter der 9-jährigen Maja ist tot; ermordet von Majas Vater, der nun im Gefängnis sitzt Seitdem lebt Maja bei ihren Großeltern mütterlicherseits und kämpft mit ihren Schuldgefühlen, denn kurz vor dem Tod der Mutter hatte sie noch böse Worte zu ihr gesagt. Und eigentlich hatte sie ihren Vater immer viel lieber, weil er ihr stets alles erlaubte.
Dass er nebenbei ihre Mutter Emma systematisch psychisch fertigmachte und sie auch körperlich misshandelte, wusste Maja genauso wenig wie Emmas Familie. Auch nicht ihre beste Freundin Liv, von der ihr Mann sie immer weiter entfremdet hatte. Von ihrer Tochter Maja und auch von ihren Eltern hatte er Emma immer mehr entfremdet. Niemand ahnte etwas, in welcher Gefahr sich Emma befand - bis es zu spät war: „Männer töten Frauen, weil es eben geht.“
Der Schock sitzt bei allen tief, nicht nur Maja, auch ihre beste Freundin Liv und ihre Eltern kommen mit dem plötzlichen Verlust nicht klar:
„Menschen hinterlassen mehr als Erinnerungen, sie hinterlassen Schwarze Löcher, die dich gnadenlos anziehen und in den Abgrund reißen, wenn du ihnen zu nahe kommst. Wenn jemand geht, fehlt nicht nur die Person, sondern auch ein Stück von jedem, der bleibt.“
Während sich Maja mit Ängsten, Trauer und Schuldgefühlen alleine fühlt, haben ihre Großeltern mit der Bürokratie und dem Sorgerechtsstreit zu kämpfen und übersehen, dass Maja anfängt, sich selbst zu verletzen. Allein ihre Patentante Liv ist ein Lichtblick für Maja. Obwohl Liv selbst nie Kinder wollte, wachsen Maja und sie beim gemeinsamen Interesse am Universum langsam zusammen ...
Jasmin Schreibers Schreibstsil gefällt mir sehr gut; trotz des schweren Themas liest sich alles sehr leicht, jedoch ohne dabei an Tiefe zu verlieren. Die Charaktere sind allesamt authentisch getroffen, die Umsetzung rundum gelungen.
Der Roman beleuchtet diesen Femizid aus verschiedenen Perspektive, wir lesen im Wechsel aus Emmas, Majas und Livs Sicht sowohl aus der der Großeltern. Außerdem runden die eingefügten Kinderzeichnungen sowie Gespräche mit einer Kinderpsychologin, Obduktionsakten und Gerichtsprotokolle die Geschichte ab. Besonders heftig berührt haben mich dabei die „schwarzen Kapitel“, in denen quasi ein Szenario aus einer erdachten Parallelwelt beschrieben wurde.
Auch die literatisch verarbeitete Kritik der Autorin am System, am strukurellen Versagen beim Schutz von Kindern und Frauen, die häuslicher Gewalt und unsicheren Familienverhältnissen ausgesetzt sind, fand ich sehr passend. Ebenso, dass sie darauf aufmerksam macht, wie normalisiert Gewalt an Frauen in der Unterhaltungsbranche sind, sei es im Film oder in Büchern/Krimis:
„Wie oft ist Liv schon aufgefallen, dass es für die Handlung keinen Unterschied gemacht hat, dass die Misshandlung oft einfach nur als Schocker oder als verdichtendes Hintergrundrauschen dient, dass sie nur vorkommt, weil es dramaturgisch bequem ist, weil man gelernt hat, dass Frauenkörper eben zur Verfügung stehen - für die Entwicklung des männlichen Protagonisten, für seine Katharsis, zum Draufschlagen, zum Vergewaltigen, zum Töten und als Aufhänger für eine Geschichte, die gar nicht wirklich um die Frau geht.“
Deshalb finde ich es besonders hervorzuheben, dass in diesem Roman die Sicht des Täters komplett ausgeschlossen wird, dass er keine Bühne bekommt. Stattdessen gibt die Autorin den Opfern, also der ermordeten Frau und deren Familie eine Stimme.
„Da, wo ich dich sehen kann“ ist ein sehr intensiver, aufwühlender und sehr berührender Roman mit einem leider sehr aktuellen Thema. Ich hoffe, das Buch findet viele Leser*innen und trägt dazu bei, dass wir alle beim Thema häusliche Gewalt aufmerksamer sein werden, damit Femizide verhindert werden können.
- Gesamtbewertungen: 1
- Durchschnitt: 4.00
- Datum: 17.11.2025
Ein Ereignis ohne Titel: Aufarbeitung eines Traumas 3,5⭐️
„Jahre ohne Sprache“ von Ann Esswein hatte mich inhaltlich sehr stark angesprochen.
Die Protagonistin Natascha wuchs in einem kleinen Ort inder Provinz auf. Zusammen mit ihrem besten Freund Luki verbringt sie ihre Jugend zwischen Fußballbplatz, Bushaltestelle und Jahrmarkt. Immerdabei ist „die Hand“, wie Natscha ihn nennt. „Die Hand lag auf meinem nackten Oberschenkel wie ein Fisch, nass und schwer. Die Hand, die lauerte.“
Fünf Jahre später hat Natascha ihren Heimatort verlassen. Sie ist jetzt „Nao“ und lebt zusammen mit ihrer Wahlfamilie lebt sie in einer besetzten Knopffabrik. „Wir sind beste Freund:innen. Wir sind das, was die da draußen eine Familie nennen. Die sind limited, wir sind unlimited. So ist das.“
Hier gibt es keine Vergangenheit, doch Nao lässt das nicht los: was damals passiert ist, wofür sie nie Worte fand, worumer sie nie redete:
„Was war denn diesen Sommer? Weil ich nicht wusste, wie ich die Bilder in Wörter übersetzen sollte, sagte ich Lukis Mom so etwas wie: ‘Ein Ereignis ohne Titel.’“
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