Susann Englerts Roman Nach verlorener Zeit ist eine stille, eindringliche Erzählung über Familie, Erinnerung und die zarte Möglichkeit von Versöhnung. Im Mittelpunkt stehen Emma, ihr Bruder Nico und Tom – drei Menschen, deren Leben durch Schweigen und vergangene Verletzungen voneinander entfernt wurden. Als der letzte Wunsch der verstorbenen Mutter sie zurück in ihr Elternhaus führt, beginnt eine Reise in die Vergangenheit, die alte Wunden öffnet und neue Wege zeigt.

Englert schreibt mit feinem Gespür für emotionale Zwischentöne. Ihre Sprache ist klar und poetisch, die Figuren glaubwürdig und vielschichtig. Besonders Emma berührt mit ihrer stillen Stärke und ihrem inneren Ringen um Nähe und Abstand. Die Handlung entfaltet sich ruhig, fast meditativ, und lädt dazu ein, innezuhalten und über eigene familiäre Bindungen nachzudenken.

Der Roman überzeugt durch seine Atmosphäre und emotionale Tiefe, doch gelegentlich wirkt die Handlung vorhersehbar. Wer dramatische Wendungen oder rasante Entwicklungen erwartet, könnte enttäuscht werden. Nach verlorener Zeit lebt von leisen Momenten – und genau darin liegt seine Stärke.

Ein berührendes Buch über das Wiederfinden – von Orten, Menschen und sich selbst. Vier Sterne!