Al-Lucant

Auf dem Hof war es seltsam leise, nur das ferne Tosen des Meeres erklang. Keine Schreie mehr, kein Weinen. Lediglich dröhnende Stille.

* * *

Es gibt Tage, an denen das, was einem am wichtigsten ist, unvermittelt verschwindet.

Greifenreiter Yerad konnte sich ein Leben ohne das Fliegen nie vorstellen. Messerwerferin Mirella wollte stets nur mit ihrer Familie zusammen sein. Das Urteil einer Gedankenleserin ändert alles und sie stehen beide vor den Trümmern ihres Daseins.

Während Mirella eine Entscheidung trifft, mit welcher sie sich die Chance auf ein normales Leben für immer verwehrt, folgt Yerad einem zweifelhaften Angebot - wohl wissend, dass er damit in eine Falle tappen könnte.

»Ihr lebt, Yerad«, sagte Rabe. »Wie erfreulich.«

So konnte man das auch sehen. Ein toter Greifenreiter bedeutete für Rabe schließlich Arbeit, da er einen neuen verschleppen musste.

* * *

Mirella ist den Häschern des Kalifen vorerst entkommen, doch die Gefahr ist nicht gebannt. Rabe schickt sie und ihre neuen Freunde auf einen Auftrag, dem sich Mirella nicht gewachsen fühlt. Nicht nur, weil sie keinerlei Kampferfahrung hat, sondern da sogar Durak und Chadrik ihre Gegner fürchten.

Währenddessen fügt sich Yerad seinem Schicksal und widmet sich der Zähmung der wilden Greifin. Das Versprechen, mit dem Tier fliegen zu dürfen, treibt ihn an. Dabei ist ihm bewusst, wie das wahrscheinlichste Ergebnis seiner Bemühungen aussieht: er selbst zerhackt im Greifenmagen.

Mirella hielt den Blick gesenkt. Sie wusste, dass sie zu weit gegangen war. Sie hatte Rabe vor den anderen widersprochen und ihn beleidigt. Eine Entschuldigung brachte sie trotzdem nicht hervor. Weil sich alles in ihr dagegen sträubte, seinen Plan umzusetzen.

Mirellas Leben als Rebellin wechselt zwischen Zufriedenheit und Furcht. Einerseits ist sie glücklich, in Alia, Durak und Chadrik so etwas wie eine Familie gefunden zu haben. Andererseits versetzt sie seit dem Desaster bei den Kaninchenfarmern jeder Auftrag in Panik. Und ausgerechnet Rabes neuester Plan verlangt ihr mehr ab, als sie zu geben bereit ist.

Yerad fühlt sich in den Höhlen inzwischen wohler, als er es im Barri-Al-Noble unter dem derzeitigen Kalifen jemals konnte. Wenn da nur nicht die Angst um seine Freunde wäre, die Rabe regelmäßig auf lebensgefährliche Aufträge schickt, und der Widerwillen, mit der Armbrust zu üben. Am meisten fürchtet sich Yerad allerdings vor dem Moment, wenn die Ketten der Greifin gelöst werden.