Das Abendland. Forschungen zur Geschichte europäischen Geisteslebens

From the beginning of traditional textual narration, the conception of the island has been linked to the potential for spatio-temporal otherness, as it inherently offers the possibility for differentiation and deviation. This work on the history of ideas focuses on the first half of the 20th century, a period in which this utopian potential was exposed to various threats and the otherworldliness of the island became the literary island's own time. Confronted with the densification of space and the synchronisation of time in the course of social modernity and the anti-insular programme of an exaggerated relation and synchronisation of the island in the National Socialist ‘land policy of the future’, the texts examined here must find new ways of processing the tensions of the idea of the island with literary means in such a way that the utopia of a new creation of the world through the island can be preserved.

Ende des 19. Jahrhunderts befindet sich der Humanismus in der Krise. Durch den Siegeszug der positiven Wissenschaften mit ihren Errungenschaften für die moderne Zivilisation verliert das klassische, aus der Goethe-Zeit stammende Bildungsideal mit Eintritt in die Gründerzeit kontinuierlich an Bedeutung. Infolgedessen lässt sich in Literatur und Philosophie ein gesteigertes Interesse an Fragen nach der Angemessenheit der überkommenen humanistischen Bildungstradition und ihrem sozio-kulturellen Stellenwert in einer radikal gewandelten Lebenswelt beobachten. Besonders häufig bedienen sich Dichter und Philosophen bei der Behandlung dieser Fragen kulturkritischer Dartstellungsverfahren, die ausgehend von einer Diagnose des Gesamtzustandes der Gegenwartskultur wahlweise prekäre Erscheinungsformen des akzelerativen Modernismus suspendieren oder durch neue Weltanschauungsangebote überwinden wollen.
Mit der Proklamation des ‚Dritten Humanismus‘ durch Eduard Spranger kommen diese Prozesse 1921 zu einem Höhepunkt, wobei durch die begriffliche Etikettierung eine Epochenzäsur markiert wird, die das Ende des goethezeitlichen Humanismus zum Ausdruck bringt. Die Studie von Björn Thesing rekonstruiert ideengeschichtlich den Weg vom Neuhumanismus zum ‚Dritten Humanismus‘ exemplarisch anhand einzelner ‚Wegmarken‘, etwa bei Friedrich Nietzsche, Theodor Fontane, Rudolf Eucken, Ernst von Wildenbruch und Eduard Spranger.