Alle Änderungen stets im Blick.
Lieferung 181 – Juni 2024
Das Kreditzweitmarktförderungsgesetz v. 22.12.2023 enthält zahlreiche technische, aber auch inhaltliche Änderungen der AO, deren Kernvorschriften der „Tipke/Kruse" mit dieser Ergänzungslieferung „abarbeitet". So haben die Änderungen im Personengesellschaftsrecht durch das sog. MoPeG (v. 21.8.2021, BGBl. I 2021, 3436) Folgewirkungen auf eine Reihe von Vorschriften der AO: § 14a AO wurde neu in das Gesetz eingefügt und enthält eine eigene steuerrechtliche Definition des Begriffs „Personenvereinigung" (s. § 14a AO Rz. 1 ff.). Ferner wurde § 39 II Nr. 2 AO mit Wirkung v. 1.1.2024 geändert und ergänzt. Die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts mit der vielfach propagierten „Abschaffung der Gesamthand im Zivilrecht" und ihren steuerrechtlichen Folgen wird eingehend und kritisch kommentiert (s. § 39 AO Rz. 82b ff.). Zudem wurde u.a. § 34 AO an die neuen Begriffsbestimmungen angepasst. Bis zum Inkrafttreten des sog. MoPeG hafteten Gesellschafter einer GbR nach § 128 HGB (s. Vor § 69 AO Rz. 44) und konnten nach § 191 I AO für die Steuerschulden der GbR in Anspruch genommen werden. Durch §§ 721 bis 721b BGB wird die Haftung der Gesellschafter einer GbR mit Wirkung vom 1.1.2024 neu geregelt. Bei der Vollstreckung gegen Personenvereinigungen stellt § 267 II AO klar, dass aus dem bereits wirksamen VA weiterhin vollstreckt werden kann, wenn eine zuvor nicht rechtsfähige Personenvereinigung nach Erlass des VA ihre Rechtsfähigkeit erlangt (§ 267 AO Rz. 8).
Das sog. KreditzweitmarktförderungsG (v. 22.12.2023, BGBl. 2023 I Nr. 411) hat freilich nicht nur Änderungen im Zusammenhang mit dem MoPeG im Gepäck gehabt. U.a. wurde auch § 2a AO geändert. Die nationalen Vorschriften der AO zum Steuerdatenschutz sind unionsrechtlich determiniert. Mit § 2a AO wurde die Anwendungsvorschrift und „Brücke" zur europäischen Datenschutz-Grundverordnung neu kommentiert. Der nationale Schutzgehalt erstreckt sich nach § 2a V Nr. 2 AO auf Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen und geht über die auf Menschen beschränkte DSGVO hinaus. Diese rein nationale Regelung liegt trotz ihres Verweises auf die DSGVO außerhalb der Spruchzuständigkeit des EuGH, der seine Auslegungszuständigkeit unlängst in einer Entscheidung über ein deutsches Vorabentscheidungsersuchen des BVerwG verneint hat (s. § 2a AO Rz. 26a). Erstkommentiert wird der ebenfalls neugeschaffene § 14b AO zu steuerverfahrensrechtlichen Regelungen für aus dem Ausland zugezogene Körperschaften. Die Vorschrift setzt den Sitz (§ 11 AO) der Körperschaft im Ausland und ihren Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) im Inland voraus und hat einen
„Brexit"-Hintergrund, wirkt aber darüber hinaus (s. § 14b AO Rz. 1, 4 ff.). Die neue Haftungsregelung des § 14b IV AO steht als steuerschuldrechtlicher Haftungsdurchgriff inhaltlich im Widerspruch zur steuerverfahrensrechtlichen Behandlung der Auslandskörperschaft nach § 14b I bis III AO (s. § 14b AO Rz. 14).
Aktualisierungsbedarf aus gesetzgeberischem Anlass bestand auch für § 237 AO, an dieser Stelle nunmehr aufgrund des WachstumschancenG (v. 27.3.2024, BGBl. I 2024 Nr. 108). So setzt die Festsetzung von Aussetzungszinsen (§ 237 AO) voraus, dass ein Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder ein VA, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder eine Einspruchsentscheidung über einen dieser VA angefochten ist und die Vollziehung dieses angefochtenen Bescheids ausgesetzt ist. Der Haftungsbescheid ist kein Steuerbescheid und steht diesem auch nicht gleich (s. § 191 AO Rz. 14, 17 f.). Der Gesetzgeber hat dies erkannt und einen gesonderten § 237 VI AO angefügt, der die Anwendung des § 237 AO auf Haftungsbescheide ausdrücklich anordnet.
Zudem wurden weitere Kommentierungen zu praxisrelevanten Normenkomplexen überarbeitet:
Das betrifft vor allem das Steuerverfahrensrecht und hier u.a. den Unterabschnitt „Ausschließung und Ablehnung von Amtsträgern" (§§ 82 bis 84 AO). Dieser sollte in seiner präventiv rechtsschutzrelevanten Wirkung nicht unterschätzt werden – die Regelungen haben den Zweck, die aus dem Rechtsstaatsprinzip (Grundsatz einer fairen Verfahrensgestaltung) abzuleitende „Unparteilichkeit der Verwaltung" (hier: bezogen auf die konkret tätige Person) zu gewährleisten. Auch wenn dies kein „Tagesgeschäft" ist – mit der aktualisierten Kommentierung werden Sie wieder in den Stand versetzt, angemessen auf Ausschließungsgründe oder Befangenheitsvermutungen zu reagieren (was im Übrigen auch zum Selbstverständnis einer ordnungsgemäßen Verwaltung gehört). Angesichts Personenfreizügigkeit (Mobilität und Migration) und internationaler Verflechtung (gerade auch in unternehmensteuerrechtlichen Zusammenhängen) ist die praktische Bedeutung von § 87 AO („Amtssprache") groß. Hinweise zum rechtssicheren Umgang mit der Situation der „Eingaben" in fremden Sprachen (§ 87 II bis IV AO – z.B. zur Frage der Fristwahrung, s. § 87 AO Rz. 4) liefert die aktualisierte Kommentierung.
Und um Rechtssicherheit für den Rechtsanwender geht es auch mit Blick auf die Grundnorm der (vielfältigen [kennen Sie Rückwärtsfristen? – dazu § 108 AO Rz. 4]) Fristen (§ 108 AO – Fristenberechnung ist rechtsschutzrelevantes Grundwissen). Aktuelle Gesetzgebung (Kreditzweitmarktförderungsgesetz, Wachstumschancengesetz) veranlasste die Überarbeitungen bei der Regelung zur Anzeigepflicht (§ 138 AO), die nunmehr ausdrücklich auch eine gesetzliche Grundlage für eine Pflichtenerleichterung vorsieht (§ 138 Ic AO – s. dazu § 138 AO Rz. 1a, 4).
Auf dem neuesten Stand sind nunmehr auch § 139 (Betriebsanmeldung in besonderen Fällen) und §§ 139b, 139c AO (Identifikationsnummern) sowie § 154 AO, die Regelung zur sog. Kontenwahrheit, die Parallelen zur Pflicht der Steuerberater zur Mandantenidentifizierung nach dem GeldwäscheG aufweist. Es wird deutlich, dass die Strukturen der „Anzeige/Meldung", der „Identifikation" und der „Verifikation" im Steuerrechtsverhältnis mit großer Ausdauer nachgeschärft werden, was den Pflichtenkreis für die Betroffenen vergrößert.
Überarbeitet wurden ferner Teile des Steuerstrafrechts. §§ 402 und 403 AO regeln die Rechte und Pflichten der Finanzbehörden im strafrechtlichen Ermittlungsver
fahren, §§ 406 und 407 AO die Mitwirkung der Finanzbehörde im Strafbefehlsverfahren und in sonstigen Fällen. Die Vorschriften wurden überarbeitet. Insbesondere wurden die aktuellen Anweisungen für das Strafverfahren berücksichtigt.
Zu guter Letzt darf auch das Prozessrecht nicht fehlen. Marcel Krumm hat die Kommentierung des § 96 FGO von Roman Seer übernommen. Neben der Einarbeitung der umfangreichen Rechtsprechung von BFH und BVerwG zur freien Beweiswürdigung, zum Beweismaß und zur Beweislast hat die Kommentierung vor allem auch neue Schwerpunktsetzungen erfahren. Vollständig neugestaltet wurde beispielweise der Themenkomplex einer Steuerhinterziehung als Vorfrage steuerverfahrensrechtlicher Normen (§ 96 FGO Rz. 26 ff.).
Zuletzt erschien Lieferung 181 (Juli 2024/114,- € zzgl. 24 € für die Datenbank).
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Veröffentlichung: | 01.01.2023 |
Höhe/Breite/Gewicht | H 20,5 cm / B 14,5 cm / 7600 g |
Seiten | 10634 |
Art des Mediums | Buch [BD] |
Preis DE | EUR 198.00 |
Preis AT | EUR 203.60 |
ISBN-13 | 978-3-504-22119-5 |
ISBN-10 | 3504221194 |