Ohne Luzie. Das Leben geht weiter. Anders.
Der Roman „Kein Tag ohne Luzie“ von Karin Büchel basiert auf einer wahren Geschichte. Es wird sehr berührend das Leben einer jungen Frau geschildert, die unter rätselhaften Umständen zu Tode kommt, und wie deren Familie mit diesem Schicksalsschlag zurechtkommt.
Das Cover stellt, mit dem groß gedruckten Buchtitel, quasi das Mantra der Familie des Mädchens in den Mittelpunkt. Der Schattenriss einer Sängerin symbolisiert Luzie. Das Buch erschien 2023. Die Kapitel sind kurz, sind mit auf den Inhalt der jeweiligen Abschnitte bezogenen Überschriften versehen. Der Schreibstil ist flüssig. Sehr einfühlsam und lebendig schildert die Autorin das Leben einer Ostberliner Familie, beginnend Ende der 70er Jahre, mit dem Kennenlernen des Elternpaares, als noch die Mauer stand. Die Handlung entwickelt sich weiter, zeigt die glücklichen Jahre, voller Zufriedenheit. Sie führen eine harmonische Ehe, das Leben einer Durchschnittsfamilie mit vier Kindern, geprägt von Arbeit und familiären Alltag. Eine Familie, die stets füreinander da ist. Dieser Zusammenhalt erweist sich als tragende Säule, als das Unglück über die Familie hereinbricht. Als die älteste Tochter Suzie, die als Sängerin in Griechenland ihr Glück suchte, unter mysteriösen Umständen ums Leben kommt. Angeblich Selbstmord beging. Nicht nur, dass der Tod eines geliebten Kindes schon schlimm genug ist, haben die Eltern noch mit allerlei bürokratischen Blockaden und Verschleierung der wahren Todesursache zu kämpfen. Es ist unmöglich, wenn man liest, was diese Familie durchmachen musste, nicht davon betroffen zu sein. Man leidet unweigerlich mit.
Das Hauptaugenmerk des Buches liegt letztlich auf der Offenlegung, wie schwierig es für die Angehörigen ist, mit solchen Schicksalsschlägen fertig zu werden, psychisch natürlich, aber auch, welche behördlichen Hürden zu meistern sind, wie wenig Außenstehende, Menschen, die Ähnliches nicht erlebt haben, sich hineinfühlen können in die seelische Not der Betroffenen. Das Leben geht zwar weiter. Aber das Unaufgeklärte, die offenen Fragen, ungelösten Probleme beschäftigen und beeinflussen die betroffenen Menschen unaufhörlich. Und es fehlen meist die richtigen Gesprächspartner und die kompetenten Stellen, wohin man sich um Hilfe wenden kann und diese auch erhält. Aufgrund der eigenen Erfahrungen und aus Selbsthilfe gründete Luzies Mutter schließlich eine Selbsthilfegruppe, die ANUAS e.V.
Auf der Webseite findet sich folgende Definition: „ANUAS e. V. wurde im November 2008 von der Betroffenen Marion Waade gegründet, da sie feststellen musste, dass es im Fall eines Tötungsdeliktes, eines Angehörigen im Ausland oder auch im Inland, staatliche „Grenzen“ bei Hilfen gibt. Es wird den betroffenen Angehörigen nicht leicht gemacht. Sie werden ausgegrenzt, diskriminiert und stigmatisiert.“
Mich hat das Buch unheimlich bewegt. Einerseits hat mich die Leidensgeschichte dieser Familie betroffen gemacht, andererseits beeindruckte mich der Mut und die Energie von Marion Waade, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen und durchzuziehen.
Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung und 5 Sterne.
Bookworm53
Bloggerin bei LeseHitsBookworm53