Weil du meine Tochter bist
Die Autorin hat diese Geschichte - stellvertretend für viele evakuierte Kinder während des Zweiten Weltkriegs - in ihrem Roman aufgeschrieben. Im Nachwort verrät sie auch, dass ihr Roman zum Teil von der Geschichte eines Familienmitglieds inspiriert wurde.
Die junge Viv Byrne wird ungewollt schwanger. Ihre Begegnung mit dem Juden Joshua, einem begabten Saxophonisten, wird zu ihrem Schicksal, denn Vivs streng katholische Eltern drängen auf eine Heirat. Obwohl sie den zukünftigen Ehemann ablehnen, ist es ihnen wichtiger, den äußeren Schein zu wahren. Das Kind wird ehelich geboren, doch Joshua verlässt Viv und ihre Tochter Maggie und geht nach New York. Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, sieht sich Viv gezwungen, ihre erst vierjährige Tochter aus Liverpool wegzubringen. Wegen der zu erwartenden Luftangriffe sollen die Kinder evakuiert und aufs Land gebracht werden. Obwohl Maggie noch zu jung ist, drängen Vivs Mutter und der örtliche Pfarrer darauf, sie bei einer Pflegefamilie auf dem Land unterzubringen. In der Hoffnung, sie bald wieder in die Arme schließen zu können, schickt sie Maggie aufs Land. Doch dann geschieht die Katastrophe: Das Haus der Thompsons, Maggies Gastfamilie, wird bombardiert. Von Maggie und ihren Gasteltern fehlt jede Spur.
Die im Klappentext angekündigte Suche nach Maggie erlebt man beim Lesen erst im letzten Drittel der Geschichte. Zuvor erfährt man von der engen Beziehung zwischen Viv und ihrer kleinen Tochter, die Viv liebevoll Bärchen nennt. Im krassen Gegensatz dazu steht Vivs kaltherzige Mutter, der wichtiger ist, was die Nachbarschaft denkt und wie die katholische Kirchengemeinde es sieht. Sie stellt die gesellschaftliche Moral über das Wohl ihres Kindes und Enkelkindes.
Der Roman beginnt mit der Hochzeit von Viv und Joshua, die zu diesem Zeitpunkt noch Teenager sind. Im Laufe der Geschichte erfahren wir in kurzen Rückblenden, wie sich die beiden kennengelernt haben. Allerdings sind diese kurzen Kapitel nicht chronologisch erzählt. Ich hätte es besser gefunden, wenn die zeitliche Reihenfolge eingehalten worden wäre.
Außerdem bekommen wir einen Einblick in Joshuas Leben, seine Zeit in New York und seine Erlebnisse als britischer Soldat im Krieg.
In diesem Roman geht es vor allem um Mutterliebe, Verrat und Hoffnung. Auch die Religion spielt eine große Rolle, denn religiöse Mischehen werden von der Gesellschaft nicht toleriert.
Die Autorin hat die Gefühle und Emotionen von Viv sehr bildhaft dargestellt. Als Mutter habe ich mit ihr gelitten und muss gestehen, dass ich selbst nie in die Situation kommen möchte, mir überlegen zu müssen, ob ich mein Kind "in Sicherheit" bringen soll oder muss. Denn das Thema Kinderverschickung ist ein sehr emotionales Thema, bei dem herzzerreißende Entscheidungen getroffen werden müssen. Ich habe mit Viv mitgefiebert, ihre herzlosen Eltern gehasst und um Maggie gebangt. Man erlebt beim Lesen eine Achterbahnfahrt der Gefühle.
Der Schreibstil von Julia Kelly hat mir sehr gut gefallen. Sie schreibt bildhaft, fesselnd und emotional. Die Sprache ist der Zeit angepasst, allerdings sind die Charaktere meiner Meinung nach etwas zu schwarz-weiß gezeichnet.
Vivs Leben und ihre persönliche Entwicklung werden dagegen sehr einnehmend beschrieben. Sie macht eine große Wandlung durch, die mir gut gefallen hat. Auf der sympathischen Seite stehen auch Joshuas Eltern und seine Schwester Rebecca, die eine große Rolle spielen werden.
Joshua hingegen bleibt etwas blass, aber das Thema Musik kommt bei mir immer gut an und ist auch ein Kriterium, warum ich zu Büchern mit diesem Thema greife.
Auch der Schauplatz Liverpool und die damalige Zeit sind sehr lebendig dargestellt. Man spürt die Gefahr bei den Bombenangriffen auf die Hafenstadt und die Verzweiflung der Menschen.
Was mir weniger gefallen hat, war die viel zu kurze Suche nach Maggie und das etwas abrupte Ende. Mir fehlten einige Informationen, die man vorher oft im Überfluss bekam, da die letzten Jahre nur noch im Zeitraffer erzählt wurden. Das hat der sehr emotionalen Geschichte nicht wirklich gutgetan. Trotzdem ist "Weil du meine Tochter bist" ein sehr lesenswerter Roman, der zum Nachdenken anregt.
Fazit:
Ein emotionaler historischer Roman über Kinderlandverschickung und tiefe Mutterliebe, der erschüttert, aber auch Hoffnung macht. Bis auf das zu schnelle Ende eine sehr gelungene Geschichte, die zum Nachdenken anregt.
Libero
Blogger bei LeseHitsIch bin seit meiner Jugend lesebegeistert und habe schon fast alles ausprobiert: Fantasy, Science Fiction, Thriller und Krimis.
Kommentare
Weil du meine Tochter bist
Ein gefühlvoller Roman über Liebe, Mutterschaft und Verrat vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs
Liverpool 1940. Viele schwierige Situationen hat Viv in ihrem Leben schon gemeistert. Bereits als Teenager wurde sie schwanger; ihre Tochter Maggie zog sie allein und unter der Fuchtel ihrer missbilligenden Eltern auf. All dies ist jedoch nichts verglichen mit der Entscheidung, die sie nun, am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, treffen muss: Soll sie der Evakuierung ihrer heißgeliebten Tochter zustimmen? Das kleine Mädchen in die Obhut fremder Leute geben? In der festen Hoffnung, sie bald wieder in die Arme schließen zu können, schickt sie Maggie aufs Land. Doch dort kommt es zur Katastrophe: Das Haus der Gastfamilie wird von einer Bombe getroffen, Maggie gilt als verschollen ...
Julia Kelly erzählt die Geschichte der vielen evakuierten Kinder Englands und zeigt, wie eine einfache Entscheidung den Verlauf eines Lebens verändern kann.
Ein Roman, der bewegt und lange nachhallt