Cover: Töchter des Todes
Ulrike Blatter
Töchter des Todes
ISBN: 978-3-945-78245-3
340 Seiten | € 14.00
Buch [BA]
Erscheinungsdatum:
17.06.2019
Belletristik
Ulrike Blatter

Töchter des Todes

4.4/5.00 bei 19 Reviews - aus dem Web

Die Themen:
- Radikalisierung
- IS-Rückkehrer und
- die Rolle der sogenannten sozialen Netzwerke.

Kurze Zusammenfassung der Handlung:
Die Schwestern Aylin und Semina stammen aus einer bosnischen Familie. Die Eltern mussten während des Bürgerkrieges aus dem belagerten Sarajevo fliehen, da sie ein sogenanntes „gemischtes“ Paar sind (er Muslim, sie Katholikin). Die Familie ist in Deutschland voll integriert. Religion spielt für sie keine große Rolle.
Umso schockierender ist die Nachricht, dass sich die älteste Tochter Semina Anfang des Jahres 2019 (!!) offenbar nach Syrien zum IS abgesetzt hat.
Kurz darauf explodiert in ihrer Heimatstadt eine Bombe.
Auf einmal haben es alle schon immer gewusst und ein nicht nur digitaler Shitstorm bricht über die Familie herein.
Misstrauen und Angst zersetzen aber auch die scheinbar intakten Beziehungen der Familienmitglieder untereinander und zum Freundeskreis.
Die Geschichte wird multiperspektivisch aus der Sicht verschiedener Personen erzählt: die jüngere Tochter Aylin, deren Freund Jordan (dunkelhäutig), Mutter Kristina, deren beste Freundin Stefanie.
In einem parallelen Erzählstrang wird die Geschichte eines Paares erzählt, das seit 2015 im „Kalifat“ lebte und jetzt auf der Flucht ist: Star ist die Frau vom Cover.
Da jede Figur einen anderen Hintergrund mitbringt, entwickelt sich ein vielschichtiges gesellschaftliches Szenario, das keine einfachen Schuldzuweisungen und keine Stereotype gestattet. Es wird klar, dass Radikalisierung – egal ob mit islamistischem und nationalistischem Hintergrund – immer ähnlich abläuft, und dass die Medaille immer zwei Kehrseiten hat, die sich gegenseitig bedingen, damit sich Hass hochschaukeln kann.
Fortgang und Auflösung der dramatischen und rasant geschriebenen Geschichte bieten Ausblick auf zahlreiche Ressourcen, die im privaten und gesellschaftlichen Miteinander vorhanden sind: Das reicht von Stärkung der Beziehungen bis hin zu bürgerschaftlichem Engagement; auch polizeiliche Methoden werden dargestellt.
Die Auflösung der Geschichte weist in das Milieu der organisierten Kriminalität und beschäftigt sich mit Korruption, wobei auch hier wieder deutlich wird, dass es verschiedene Seiten ein und derselben Medaille gibt.

Recherche und Hintergrund:
In ihrem ersten Beruf als Ärztin und Therapeutin hat Ulrike Blatter sich intensiv mit den genannten Milieus auseinandergesetzt. Sie arbeitete lange in der Sozialpsychiatrie und hat als Rechtsmedizinerin promoviert. Die Fälle, die denen im Roman „Töchter des Todes“ zugrunde liegen, hat sie sorgfältig recherchiert. 2015 begleitete sie virtuell einen jungen Mann, der zum IS ging und hat nach dessen Tod den Kontakt zu der Familie in Deutschland aufrechterhalten. Ebenfalls kennt sie Angehörige einer 16-Jährigen, die nach der Rückkehr aus Syrien vor ein deutsches Gericht gestellt wurde und aktuell eine Haftstrafe verbüßt.
Wegen ihres politischen und ehrenamtlichen Engagements wurde die Autorin in den letzten Jahren wiederholt beschimpft, beleidigt und bedroht.
Nachdem der Titel 2016 von verschiedenen Verlagen als „zu brisant“ abgelehnt wurde, erhielt Ulrike Blatter 2018 dafür ein Arbeitsstipendium und nutzte es, um die Handlung zu überarbeiten und zu aktualisieren.
•Zum Thema IS-Rückkehrer*innen dürfte es das Aktuellste sein, was im Moment auf dem belletristischen Markt ist.

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Postleitzahl
Veröffentlichung:17.06.2019
Höhe/Breite/GewichtH 19 cm / B 12 cm / 335 g
Seiten340
Art des MediumsBuch [BA]
Preis DEEUR 14.00
Preis ATEUR 14.40
Auflage1. Auflage
ISBN-13978-3-945-78245-3
ISBN-103945782457
EAN/ISBN

Über die Autorin

Ulrike Blatter wurde 1962 in Köln geboren, wuchs in einem sog. „sozialen Brennpunkt“ auf und machte als Erste in ihrer Familie Abitur. Schon als Kind begann sie zu schreiben. Erste kleinere Veröffentlichungen (Lyrik) folgten mit Unterstützung eines Schreibprojektes für Jugendliche. Sie wurde in der Jugend mit schweren Erkrankungen bei Familienangehörigen konfrontiert und betreute ehrenamtlich SeniorInnen. Vor diesem Hintergrund Entschluss zum Medizinstudium.

„Ich konnte mir nie erklären, woher dieser Drang kam, jedes mir erreichbare Stück Papier vollzukritzeln. Was hatte ich denn schon mitzuteilen? Ich hatte ja noch nichts erlebt und führte ein rundum uninteressantes Leben.“

Die Ärztin

Sie studierte Medizin, machte eine therapeutische Weiterbildung und promovierte in Rechtsmedizin. Nach Stationen als Dorfärztin und in der Geburtshilfe, setzte sie ihren Schwerpunkt in der sozialpsychiatrischen Arbeit mit süchtigen Menschen. Zuletzt arbeitete sie als Klinikärztin in der Psychiatrie. Ulrike Blatter war viele Jahre Dozentin in der Erwachsenenbildung (schulmedizinische Ausbildung von Heilpraktikerinnen und Ausbildung von Psychotherapeutinnen mit den Schwerpunkten körperzentrierte Psychotherapie, Psychosomatik, Sucht und Co-Abhängigkeit).

 

„Mein eigentliches Berufsziel war die Geburtshilfe. Es gab tausend Gründe, warum das nicht funktionierte. Viele Jahre suchte ich abwechselnd den Fehler bei mir, bei meinen Vorgesetzten oder akzeptierte die Probleme achselzuckend als Zufall. Aber eigentlich folgte ich einem Plan. Ich musste es nur endlich vor mir zugeben …“

Beruf – Berufung – Berufswechsel

Ab den neunziger Jahren nahm das Schreiben einen immer größeren Raum ein – trotz Berufstätigkeit und Familienpflichten. Ab 1996 führte ein längerer Aufenthalt im (damals Nicht-EU-Land) Slowenien zu einem faktischem Berufsverbot als Ärztin. Gleichzeitig entstanden Freiräume, in denen sich Ulrike Blatter vor allem Zeitzeugeninterviews widmete und begann, die eigene Familiengeschichte systematisch aufzuarbeiten. Erste Reportagen und Fachartikel über die Nachkriegssituation auf dem Balkan entstanden ebenfalls in dieser Zeit. Seit 2001 lebt die Familie wieder in Deutschland. Die berufliche Situation blieb mit zwei kleinen Kindern lange schwierig. 2010 kündigte Ulrike Blatter ihre Stelle im Krankenhaus und arbeitete einige Jahre als freie Autorin sowie in der Erwachsenenbildung. Inzwischen arbeitet sie neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit auch wieder als Ärztin.

„Mein erstes längeres Prosastück war meine Doktorarbeit in Rechtsmedizin. Als sie fertig war, wollte ich sie wegwerfen und neu schreiben. Sie war so spannend, dass ich dachte, sie könne niemals seriösen wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Aber Wissenschaft kann tatsächlich spannender sein als so mancher Krimi.“

Emotionale Berührungspunkte: Krieg, Flucht, Vertreibung

Seit dem Aufenthalt in Slowenien engagierte sie sich ehrenamtlich für Suchtprävention und kriegstraumatisierte Menschen auf dem Balkan. Sie ist Gründerin der AWO-Bosnienhilfe und begleitete von 2002 bis 2022 ehrenamtlich ein Mentorenprojekt für junge Menschen in Bosnien. Die Arbeit für ein Projekt mit kriegstraumatisierten Frauen in Kosovo und die teils jahrelange Begleitung junger Menschen mit Migrationserfahrung prägten auch ihr Schreiben und motivierten, sich mit Kriegsfolgen in der eigenen Familie auseinanderzusetzen.

„In Gražanica, einer bosnischen Stadt voller Flüchtlinge gab es nur stundenweise Strom und das Trinkwasser wurde in Badewannen gesammelt. Trotzdem fühlte ich mich dort auf seltsame Weise beheimatet. Ich rief meine Eltern an, schilderte ihnen die Umgebung und wie aus einem Mund riefen sie aus: „Wie bei uns damals, nach dem Krieg!“ Ich konnte der Tatsache nicht länger ausweichen, dass auch ich durch einen Krieg, den ich nie erlebt hatte, im Innersten geprägt worden war.“

beziehungs-weise: Mentoring und Coaching

Seit vielen Jahren engagiert sie sich als Vorlesepatin für die Leseförderung bei Kindern und führt regelmäßig Lesungen und Autorinnengespräche in Schulen durch (u.a. in Zusammenarbeit mit dem Friedrich-Bödecker-Kreis). Sie arbeitet ehrenamtlich als interkulturelle Mentorin im Projekt Schreibdialoge der Universität Konstanz. Außerdem leitete sie Schreibwerkstätten für Senioren, schrieb im Ghostwriting Biographien und bietet Schreibcoaching an.

„Ohne meine MentorInnen wäre mein Leben anders verlaufen. Mentoring bedeutet für mich, Danke zu sagen, indem ich anderen Mut mache. Immer wieder. Das erfordert Geduld und ich muss genau zuhören. Fähigkeiten, die mir auch beim Schreiben helfen. Nur wenn ich mich vollkommen auf meine Figuren einlasse, verraten sie mir ihre Geheimnisse und werden authentisch.“

Die Autorin

Ulrike Blatter veröffentlichte zahlreiche Romane, Kurzgeschichten, Kinderbücher und Lyrik. Sie wurde für ihre Texte ausgezeichnet und erhielt mehrere Schreibstipendien. Ihre Texte gehen in die Tiefe und schärfen psychologische Profile. Die Themen Sucht, Trauma, Krieg und Flucht faszinieren sie vor dem Hintergrund ihrer beruflichen Erfahrung. Sie hat im Laufe der Recherchen auch zahlreiche Tiefeninterviews mit ZeitzeugInnen geführt. Auch autobiografische Erfahrungen prägen ihre Texte.  Ein immer wiederkehrendes Thema sind Gewalterfahrungen, die über mehrere Generationen tiefe Spuren in Familien hinterlassen. Ulrike Blatter schreibt eine wöchentliche Kolumne im Südkurier.

„Immer wieder schenkten mir Freunde Krimis. „Du bist doch Gerichtsmedizinerin“, hieß es. „Bestimmt liebst du diese Bücher.“ – „Es heißt RECHTS-Medizin“, verbesserte ich sie und stellte die Krimis ungelesen ins Gästezimmer. Meine Verleger nannten meine Geschichten „Krimis“. Dabei wusste ich nicht im Geringsten, wie ein Krimi funktioniert.

Und sonst? Das ganz normale Leben

Ulrike Blatter wohnt gemeinsam mit ihrem Mann in der Bodenseeregion, hat zwei erwachsene Kinder und ist inzwischen auch als Oma sehr gefragt. Sie arbeitet als ärztliche Gutachterin, ist Mitglied im „Verband deutscher Schriftsteller“ und bei den „Mörderischen Schwestern“. Viele Jahre kümmerte sie sich um ihren demenzkranken Vater. Nach seinem Tod hütet sie das Familienarchiv. Sie ist leidenschaftliche Gärtnerin und wird gemeinsam mit ihrem Mann ein weiteres Langzeitprojekt fortsetzen: Fernradradreisen durch Europa.

„Mittlerweile weiß ich, dass kein Leben unwichtig oder uninteressant ist. Man muss lediglich nach dem roten Faden suchen – und ehrlich sein. Zugegeben, ein bisschen Mut braucht es auch.“

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»Was für ein spannendes Buch. Hier wird von allen Seiten der Gesellschaft berichtet. Wie es ist auf der Flucht oder im Krieg zu sein und wie man mit Terror umgeht. Welche Sichtweisen und Vorurteile sich schnell verbreiteten. Und wie schnell man in eine Schublade geschoben wird und dies auch selbst mit anderen tut. Dieses Buch öffnet einem wirklich die Augen.«

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