Bookworm53

Diebin, anfangs nur der Not gehorchend, …

02.04.2025 - 21:32 Uhr
Cover: Die Meisterdiebin

„Die Meisterdiebin“ von Christine Jaeggi ist ein historischer Kriminalroman voller Spannung und Dramatik, in dessen Mittelpunkt eine Frau steht, die aus einer Notsituation heraus zur Diebin wird.

Kurz zum Inhalt:
Nachdem die Nationalsozialisten sämtliches Hab und Gut der reichen Wiener Jüdin Elisa konfisziert haben, flieht sie in die Schweiz, wo sie als Emigrantin nicht arbeiten darf. Um einer Ausweisung als Mittellose zu entgehen bzw. die Bürgschaft aufbringen zu können, um Mutter und Schwester in die Schweiz nachzuholen, sieht sie nur Diebstahl als Lösung. Gleichzeitig kann sie sich an den Nazis rächen.

Das Cover mit der mondänen Dame ist ein Eye-Catcher. Ja, so könnte die Meisterdiebin ausgesehen haben! Das Buch erschien 2025 im Verlag Zytglogge. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, Orts- oder Zeitangaben finden sich primär im Text. Die Handlung spielt vorwiegend in Wien und in der Schweiz und umfasst einen Zeitraum von 1920 bis 1951. Der Roman basiert auf einem wahren Kriminalfall. Im Nachwort von Lena Berger, der Verfasserin jenes Artikels über die echte Meisterdiebin Erika Böhm, der Christine Jaeggi auf die Idee zu diesem Roman brachte, finden sich die Fakten zum Lebenslauf der Hoteldiebin.

Christine Jaeggi ist es meisterhaft gelungen, aus diesem Stoff einen packenden Roman zu machen. Nicht nur, dass sich die fiktiven Erlebnisse der Protagonistin harmonisch mit den Fakten des Lebenslaufes der historischen Gestalt verbinden, wird ein anschauliches Zeit- und Gesellschaftsbild vermittelt – sowohl das Leben der Begüterten in den 20er und 30er Jahren, als auch das Grauen, das mit dem Nationalsozialismus über die Menschen, insbesondere die Juden, hereinbrach. Wobei, abgesehen von der Umwelt und den politischen Geschehnissen, eindeutig Elise im Zentrum der Handlung steht – mit all ihren facettenreichen Gefühlen: ihre zwischenmenschlichen Beziehungen, ihre Stellung in der Familie, ihre Probleme, ihre Sehnsüchte und Wünsche, Schuldgefühle, Enttäuschungen, Liebesglück, Trauer und last but not least ihre Rachegelüste. Für sie läuft von Kindheit an nicht alles so unbeschwert, wie man ob ihrer vom Finanziellen her gesehenen Privilegiertheit annehmen möchte, aber sie meistert die Schicksalsschläge stets mit neu erwachtem Tatendrang. Sie hat immer ein Ziel vor Augen. Ja, sie wird zur Diebin, eigentlich nie aus Habgier, auch wenn sie mit den Jahren süchtig wurde nach diesem Adrenalinkick, sondern jahrelang um zu überleben, aber auch aus Verantwortungsbewusstsein ihrer Familie gegenüber. Sie rettet ihrer Mutter und Schwester letztlich das Leben, als sie sie aus Wien holt. So verfolgt man ihre Raubzüge mit Wohlwollen, fiebert und zittert mit ihr, eben weil man ihre Not und auch ihre Rachegefühle gegenüber den überheblichen und judenverachtenden Hotelgästen gut nachvollziehen kann. Nicht nur Elises Charakter ist vielschichtig beschrieben, auch die diversen anderen Haupt- und Nebenfiguren wirken, ob gut oder niederträchtig, authentisch und lebendig.

„Die Meisterdiebin“ hat mich gefesselt, begeistert und die Geschichte wird sicher noch lange in meinem Gedächtnis haften bleiben. Eine unbedingte Leseempfehlung und 5 Punkte.


Gesamtbewertung: 5/5
Cover: 5/5
Handlung: 5/5
Spannung: 5/5
Schreibstil: 5/5
Blogger: Bookworm53

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Klappentext

Die Meisterdiebin

Historische Romane von Christine Jaeggi
Cover: Die Meisterdiebin Der Roman beruht auf einer wahren Begebenheit: Von 1936 bis 1945 stellte eine spektakuläre Diebstahlserie in Schweizer Luxushotels die Polizei vor ein Rätsel. Bei über neunzig Einbrüchen wurden Schmuck, Uhren, Geld und sonstige Wertgegenstände im Gesamtwert von heute umgerechnet rund 3,5 Millionen Franken erbeutet. Erst 1946 konnte die Täterin ermittelt und verhaftet werden.
Das Leben dieser Frau, die fast ein Jahrzehnt lang für die Ermittlungsbehörden ein Phantom geblieben ist, hat Christine Jaeggi zu ihrem Buch «Die Meisterdiebin» inspiriert. Ihre Protagonistin, die jüdische Kaufhauserbin Elise, flüchtet vor den Nationalsozialisten, die ihr alles genommen haben, aus Wien in die Schweiz. Als Emigrantin erhält sie keine Arbeitsbewilligung. Verzweifelt sucht sie einen Ausweg, um nicht als mittellos zu gelten und die Ausweisung zu riskieren. Zudem muss sie eine hohe Bürgschaft aufbringen, um auch ihre Mutter und ihre Schwester in die Schweiz zu retten. Und sie will Rache nehmen.
Ein Nachwort der Journalistin Lena Berger, deren Blog-Artikel «Das 91. Zimmer» die Autorin auf den Fall aufmerksam gemacht hat, bettet den Roman in den historischen Kontext ein.

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