
Alexander Kaiser
Detektion von Radfahrern im signalgeregelten Bereich von Knotenpunkten in Verbindung mit Absetzung einer Warnmeldung für Kraftfahrzeuge
ISBN: 978-3-956-06859-1
94 Seiten | €
E-Book [Kindle]
Dieses Buch gehört zur Reihe Berichte der Bundesanstalt für Strassenwesen - Verkehrstechnik (V) und enthält ca. 10 Folgen.
Erscheinungsdatum:
19.06.2025
Sonstiges
Alexander Kaiser
Detektion von Radfahrern im signalgeregelten Bereich von Knotenpunkten in Verbindung mit Absetzung einer Warnmeldung für Kraftfahrzeuge
Im Bereich von signalgeregelten Knotenpunkten kommt es oftmals zu Konflikten zwischen
dem geradeausfahrenden Radverkehr und dem rechtsabbiegenden Kraftfahrzeugverkehr.
Um Fahrzeugführer an besonders konfliktbehafteten Knotenpunkten bei ihren Fahraufga-
ben zu unterstützen und somit Kollisionen mit Radfahrern zu vermeiden, werden infra-
strukturseitige Abbiegeassistenzsysteme erprobt, die kritische Situationen automatisch er-
kennen und die betreffenden Verkehrsteilnehmer rechtzeitig warnen sollen.
Eine Pilotanwendung eines solchen vollautomatischen Systems wurde 2023 in der Stadt
Gießen, am Knotenpunkt Frankfurter Straße – Friedrichstraße, durch Installation und Inbe-
triebnahme eines KI-unterstützten Kamerasystems durch ein Unternehmen realisiert. Bei
Erkennung einer Konfliktsituation wird ein Warnsignal über einen Doppelblinker ange-
zeigt. Zukünftig können Warnmeldungen auch per Funk (ITS-G5) von einer Roadside Unit
an die On-Board Unit des betreffenden Fahrzeugs gesendet werden.
Da es sich um einen der ersten Pilotbetriebe eines solchen Systems außerhalb von For-
schungs- und Entwicklungsprojekten in Deutschland handelt, ist es für die Bundesanstalt
für Straßenwesen (BASt) von Interesse gewesen, dass auch herstellerunabhängige, belast-
bare Daten zur Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit des Systems ermittelt wurden. Dieses
Ziel sollte durch eine wissenschaftliche Begleituntersuchung des Pilotbetriebs in Gießen
erreicht werden.
Die Analyse der Ausgangssituation basierte zum einen auf bereits vorhandenen Daten, die
öffentlich verfügbar waren oder von der Stadt Gießen bzw. ihrem beauftragten Unterneh-
men zur Verfügung gestellt wurden. Zum anderen, größeren Teil wurden neue Daten im
Rahmen einer Vor-Ort-Analyse durch eine videogestützte Verkehrsbeobachtung und Mes-
sungen bei Testfahrten mit Fahrrad und Pkw im Oktober 2023 erhoben.
Zur Bewertung der Zuverlässigkeit und potenziellen Wirksamkeit des Warnsystems wur-
den während des Realbetriebs aufgetretene Konfliktsituationen und die entsprechenden
Warnsignale des Doppelblinkers mithilfe einer automatisierten Videoanalyse stichproben-
artig ausgewertet. Dazu erfolgte eine insgesamt viertägige Videobeobachtung in zwei Tei-
len im Januar und März 2024.
Für den infrastrukturseitigen Abbiegeassistenten wurde eine Genauigkeit der Situationser-
kennung von durchschnittlich 87,9 Prozent festgestellt. Dies bedeutet, dass in fast 9 von
10 Fällen eine Situation korrekt erkannt wurde und eine entsprechende Warnmeldung
ausgeben bzw. nicht ausgegeben wurde. Lediglich in 4 von 100 Fällen (3,72 %) wurde eine
potenzielle Konfliktsituation nicht erkannt und der Kraftfahrzeugführer nicht gewarnt. Be-
zogen auf die Gesamtdauer der Konfliktsituationen beträgt die Genauigkeit 90,4 Prozent
und in 2,5 Prozent der Zeit wurden potenzielle Konfliktsituationen dagegen nicht erkannt.
Entscheidend für die Wirksamkeit ist neben der korrekten Situationserkennung auch die
Rechtzeitigkeit der Warnmeldung. Diese wurde anhand der Kenngröße Pünktlichkeit be-
wertet. Hier gilt eine Warnung per definitionem als pünktlich, wenn diese erfolgt, bevor
der Radfahrer den voraussichtlichen Konfliktpunkt mit dem rechtsabbiegenden Kraftfahr-
zeug erreicht. Dies trifft auf durchschnittlich 94 Prozent der wahr-positiven Situationen zu.
Die Pünktlichkeit bzw. Rechtzeitigkeit einer Warnung umfasst auch die erforderliche Reak-
tionszeit für den Kraftfahrzeugführer, die hier neben der reinen Reaktion auch die Zeit
zum Bremsen oder Ausweichen umfasst. Aus einer Untersuchung im Rahmen des Xcycle-
Projekts ist bekannt, dass Verkehrsteilnehmer eine Warnmeldung als rechtzeitig empfin-
den, wenn diese mindestens 3,5 Sekunden vor dem Konfliktpunkt eintrifft. Daher relati-
viert sich die hohe Pünktlichkeit des untersuchten Warnsystems in Gießen, wenn die ver-
fügbaren Reaktionszeiten von durchschnittlich nur 2,6 Sekunden betrachtet werden. In
nur 19 von 66 ausgewerteten Situationen beträgt der Wert mindestens 3,5 Sekunden, was
einer Quote von 28,8 Prozent entspricht. Das heißt, in nur etwa jeder dritten bis vierten
Konfliktsituation hätte der Kraftfahrzeugführer im Ernstfall rechtzeitig reagieren können,
während in den anderen Fällen die Warnung zu spät gewesen wäre.
Die Warnmeldung erfolgt in der aktuellen Systemkonfiguration (Stand: Mai 2024) aus-
schließlich durch ein optisches Warnsignal in Form eines Doppelblinkers vom gegenüber-
liegenden Straßenrand. Wie hoch der Anteil der Kfz-Führer ist, die den Doppelblinker tat-
sächlich als Warnsignal in Bezug auf von hinten kommende Radfahrer wahrnehmen und
beachten, wurde in diesem Projekt nicht untersucht. Durch die geplante Inbetriebnahme
einer Roadside Unit, die Warnnachrichten direkt an einzelne Fahrzeuge sendet, wird die
Wirksamkeit des Warnsystems perspektivisch erhöht. Die Warnmeldungen können jedoch
nur in Fahrzeugen, die über eine On-Board Unit verfügen, verarbeitet und angezeigt wer-
den. Seitens der Stadt Gießen ist bereits vorgesehen, Linienbusse und andere Dienstfahrzeuge
mit solchen On-Board Units auszustatten.
dem geradeausfahrenden Radverkehr und dem rechtsabbiegenden Kraftfahrzeugverkehr.
Um Fahrzeugführer an besonders konfliktbehafteten Knotenpunkten bei ihren Fahraufga-
ben zu unterstützen und somit Kollisionen mit Radfahrern zu vermeiden, werden infra-
strukturseitige Abbiegeassistenzsysteme erprobt, die kritische Situationen automatisch er-
kennen und die betreffenden Verkehrsteilnehmer rechtzeitig warnen sollen.
Eine Pilotanwendung eines solchen vollautomatischen Systems wurde 2023 in der Stadt
Gießen, am Knotenpunkt Frankfurter Straße – Friedrichstraße, durch Installation und Inbe-
triebnahme eines KI-unterstützten Kamerasystems durch ein Unternehmen realisiert. Bei
Erkennung einer Konfliktsituation wird ein Warnsignal über einen Doppelblinker ange-
zeigt. Zukünftig können Warnmeldungen auch per Funk (ITS-G5) von einer Roadside Unit
an die On-Board Unit des betreffenden Fahrzeugs gesendet werden.
Da es sich um einen der ersten Pilotbetriebe eines solchen Systems außerhalb von For-
schungs- und Entwicklungsprojekten in Deutschland handelt, ist es für die Bundesanstalt
für Straßenwesen (BASt) von Interesse gewesen, dass auch herstellerunabhängige, belast-
bare Daten zur Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit des Systems ermittelt wurden. Dieses
Ziel sollte durch eine wissenschaftliche Begleituntersuchung des Pilotbetriebs in Gießen
erreicht werden.
Die Analyse der Ausgangssituation basierte zum einen auf bereits vorhandenen Daten, die
öffentlich verfügbar waren oder von der Stadt Gießen bzw. ihrem beauftragten Unterneh-
men zur Verfügung gestellt wurden. Zum anderen, größeren Teil wurden neue Daten im
Rahmen einer Vor-Ort-Analyse durch eine videogestützte Verkehrsbeobachtung und Mes-
sungen bei Testfahrten mit Fahrrad und Pkw im Oktober 2023 erhoben.
Zur Bewertung der Zuverlässigkeit und potenziellen Wirksamkeit des Warnsystems wur-
den während des Realbetriebs aufgetretene Konfliktsituationen und die entsprechenden
Warnsignale des Doppelblinkers mithilfe einer automatisierten Videoanalyse stichproben-
artig ausgewertet. Dazu erfolgte eine insgesamt viertägige Videobeobachtung in zwei Tei-
len im Januar und März 2024.
Für den infrastrukturseitigen Abbiegeassistenten wurde eine Genauigkeit der Situationser-
kennung von durchschnittlich 87,9 Prozent festgestellt. Dies bedeutet, dass in fast 9 von
10 Fällen eine Situation korrekt erkannt wurde und eine entsprechende Warnmeldung
ausgeben bzw. nicht ausgegeben wurde. Lediglich in 4 von 100 Fällen (3,72 %) wurde eine
potenzielle Konfliktsituation nicht erkannt und der Kraftfahrzeugführer nicht gewarnt. Be-
zogen auf die Gesamtdauer der Konfliktsituationen beträgt die Genauigkeit 90,4 Prozent
und in 2,5 Prozent der Zeit wurden potenzielle Konfliktsituationen dagegen nicht erkannt.
Entscheidend für die Wirksamkeit ist neben der korrekten Situationserkennung auch die
Rechtzeitigkeit der Warnmeldung. Diese wurde anhand der Kenngröße Pünktlichkeit be-
wertet. Hier gilt eine Warnung per definitionem als pünktlich, wenn diese erfolgt, bevor
der Radfahrer den voraussichtlichen Konfliktpunkt mit dem rechtsabbiegenden Kraftfahr-
zeug erreicht. Dies trifft auf durchschnittlich 94 Prozent der wahr-positiven Situationen zu.
Die Pünktlichkeit bzw. Rechtzeitigkeit einer Warnung umfasst auch die erforderliche Reak-
tionszeit für den Kraftfahrzeugführer, die hier neben der reinen Reaktion auch die Zeit
zum Bremsen oder Ausweichen umfasst. Aus einer Untersuchung im Rahmen des Xcycle-
Projekts ist bekannt, dass Verkehrsteilnehmer eine Warnmeldung als rechtzeitig empfin-
den, wenn diese mindestens 3,5 Sekunden vor dem Konfliktpunkt eintrifft. Daher relati-
viert sich die hohe Pünktlichkeit des untersuchten Warnsystems in Gießen, wenn die ver-
fügbaren Reaktionszeiten von durchschnittlich nur 2,6 Sekunden betrachtet werden. In
nur 19 von 66 ausgewerteten Situationen beträgt der Wert mindestens 3,5 Sekunden, was
einer Quote von 28,8 Prozent entspricht. Das heißt, in nur etwa jeder dritten bis vierten
Konfliktsituation hätte der Kraftfahrzeugführer im Ernstfall rechtzeitig reagieren können,
während in den anderen Fällen die Warnung zu spät gewesen wäre.
Die Warnmeldung erfolgt in der aktuellen Systemkonfiguration (Stand: Mai 2024) aus-
schließlich durch ein optisches Warnsignal in Form eines Doppelblinkers vom gegenüber-
liegenden Straßenrand. Wie hoch der Anteil der Kfz-Führer ist, die den Doppelblinker tat-
sächlich als Warnsignal in Bezug auf von hinten kommende Radfahrer wahrnehmen und
beachten, wurde in diesem Projekt nicht untersucht. Durch die geplante Inbetriebnahme
einer Roadside Unit, die Warnnachrichten direkt an einzelne Fahrzeuge sendet, wird die
Wirksamkeit des Warnsystems perspektivisch erhöht. Die Warnmeldungen können jedoch
nur in Fahrzeugen, die über eine On-Board Unit verfügen, verarbeitet und angezeigt wer-
den. Seitens der Stadt Gießen ist bereits vorgesehen, Linienbusse und andere Dienstfahrzeuge
mit solchen On-Board Units auszustatten.
Unterstütze den lokalen Buchhandel
Nutze die PLZ-Suche um einen Buchhändler in Deiner Nähe zu finden.
Bestelle dieses Buch im Internet
| Veröffentlichung: | 19.06.2025 |
| Seiten | 94 |
| Art des Mediums | E-Book [Kindle] |
| Reihe | Berichte der Bundesanstalt für Strassenwesen - Verkehrstechnik (V) 0 |
| ISBN-13 | 978-3-956-06859-1 |
Diesen Artikel teilen
0 Kommentar zu diesem Buch
.... weitere Publikationen von Fachverlag NW in Carl Ed. Schünemann KG
Leserunde
Verlockung und Gefahr: Der schwarze Kuss
Bewerbungsfrist bis zum: 10.01.2026
















