
Kerstin Schmidt
Verbesserung der Erhebung vertiefter Verkehrsunfalldaten durch motivationale Anreize
ISBN: 978-3-956-06838-6
117 Seiten | €
E-Book [Kindle]
Dieses Buch gehört zur Reihe Mensch und Sicherheit und enthält ca. 3 Folgen.
Erscheinungsdatum:
17.03.2025
Sonstiges
Kerstin Schmidt
Verbesserung der Erhebung vertiefter Verkehrsunfalldaten durch motivationale Anreize
Die Verkehrsunfallforschung vor Ort ist ein wichtiges Element zur Verbesserung der Fahrzeug- und
Verkehrssicherheit. In Deutschland werden seit dem Jahr 1999 im Projekt GIDAS (German In-Depth
Accident Study) Verkehrsunfälle regional und unabhängig von der polizeilichen Zielsetzung nach
wissenschaftlichen Aspekten dokumentiert und rekonstruiert. GIDAS ist ein Gemeinschaftsvorhaben
der Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT e. V.) und der Bundesanstalt für Straßenwesen
(BASt). Die zukunftsorientierte Weiterentwicklung der vertieften Unfallerhebung („GIDAS 4.0“) ist ein
Schwerpunkt der Verkehrssicherheitsarbeit zu Beginn der Dekade 2021 bis 2030 im
Verkehrssicherheitsprogramm der Bundesregierung. Daher war es Ziel dieses Forschungsprojektes,
Empfehlungen für die Verbesserung der GIDAS-Datenerhebung in Bezug auf die Datenvollständigkeit
und -qualität zu erarbeiten. Dazu sollten zum einen motivationale Ansätze identifiziert werden, mit
denen die Beteiligungsrate von Informationsquellen (u. a. Polizeien, Rettungsdienste,
Krankenhäuser, Unfallbeteiligte, Angehörige) optimiert und die Qualität der Datenlieferungen verbessert
werden kann. Zum anderen sollten soziale, kommunikative und psychologische Aspekte der
Datenerfassung durch das GIDAS-Erhebungsteam unter Berücksichtigung organisatorischer sowie
personeller Erfordernisse der Informationsquellen optimiert werden.
Zur Identifikation der Ursachen mangelnder Bereitschaft zur Teilnahme an der Unfallforschung und
Identifizierung geeigneter Ansätze zur Verbesserung der Datenvollständigkeit und -qualität wurden
Literaturrecherchen und Befragungen von Expertinnen und Experten und Institutionen durchgeführt. Die
Ergebnisse der Recherchen und Befragungen wurden tabellarisch aufgenommen, gegenübergestellt
und narrativ zusammengefasst. Für die identifizierten Faktoren wurden Ansätze zur Erhöhung der
Teilnahmebereitschaft und Verbesserung der Datenerfassung in GIDAS abgeleitet. Machbarkeit und
Erfolgspotenzial der Ansätze wurden mithilfe einer Matrix-Methode auf einer dreistufigen Skala bewertet
und anschließend in eine Rangfolge gebracht.
Einflussfaktoren auf die Beteiligungsrate von Individuen können in fünf Gruppen eingeteilt werden: (1)
demografische Faktoren, (2) Bezug zum Unfall, (3) Information und Nutzen für die Individuen, (4)
Erhebungsdesign und (5) Erhebungsteams. Dabei haben Verfügbarkeit von Informationen und
Verständnis für den Zweck der Unfallforschung, der Nutzen einer Teilnahme sowie das Design der
Erhebung den größten Einfluss auf die Teilnahmebereitschaft. Ansätze zur Erhöhung der
Beteiligungsrate von Individuen mit hohem Erfolgspotenzial umfassen u. a. die mündliche statt
schriftliche Befragung - gerade bei einer späteren Kontaktaufnahme im Unfallnachgang oder im Followup
-, die deutliche Verbesserung der Sichtbarkeit und Transparenz der GIDAS-Forschung durch
Veröffentlichungen (u. a. Verbreitung von Analyseergebnissen in populärwissenschaftlichen Formaten),
die Verbesserung der Bedingungen am Unfallort, wie z. B. durch Hilfsmittel, die eine wetterunabhängige
Befragungsatmosphäre gewährleisten, und die Erhöhung des Nutzens der Unfallbeteiligten durch
Anreize, wie die Zurverfügungstellung ihrer Unfalldaten.
Einflussfaktoren auf die Beteiligungsrate von institutionellen Akteuren können in sechs Gruppen
eingeteilt werden: (1) Verwaltung und Recht, (2) Management, (3) Ausstattung, (4) Information, (5)
Identifikation und (6) Kommunikation. In der Zusammenarbeit mit Polizei, Krankenhäusern und
Rettungsdiensten haben vor allem eine rechtlich verbindliche Kooperationsbasis, die vorhandenen
Ressourcen, das Vorliegen von Verfahrensvereinbarungen, Handlungsleitfäden und Infrastrukturen für
den Informationsaustausch, die Identifikation mit dem Zweck von GIDAS und die intensive
Kommunikation zwischen GIDAS und den Institutionen einen Einfluss auf die Teilnahme.
Organisatorische und personelle Ansätze zur Optimierung der Datenerfassung durch die GIDASErhebungsteams
sind vor allem die Verbesserung der personellen Ausstattung durch mehr langfristig
angestellte Fachkräfte mit medizinischer, psychologischer und/oder technischer Ausbildung, die
konstante Finanzierung des Projekts und die Arbeit nach einem Qualitätsmanagementsystem.
In Bezug auf die Grundrechte derjenigen, deren Teilnahmebereitschaft an GIDAS durch motivationale
Ansätze verbessert werden soll, müssten diese aus rechtlicher Sicht so gestaltet werden, dass den
Unfallbeteiligten oder beteiligten unfallnahen Akteuren Vorteile in Aussicht gestellt werden und Anreize
positiv formuliert sind. Im Gegensatz zu Ge- und Verboten würden sie somit nicht als Grundrechtseingriffe
angesehen werden. Auch aus ethischer Sicht sollten die Anreize positiver Art sein,
die Menschenwürde wahren, die Privatsphäre und die Vertraulichkeit persönlicher Informationen der
Teilnehmenden schützen und keinen Druck ausüben.
Auch Ansätze aus der Sozialpsychologie könnten helfen, die Bereitschaft der Unfallbeteiligten zu erhöhen.
Ziel dieser Theorien, wie u. a. die Theorie des geplanten Verhaltens nach Ajzen oder das Prinzip
der Reziprozität ist es, auf Basis sozialer und psychologischer Faktoren, Verhalten (bestmöglich)
vorherzusagen. Hierauf aufbauend können dann Strategien entwickelt werden, um Verhalten in eine
gewünschte Richtung zu verändern. Ansätze zur Optimierung der Datenerfassung aus diesen
Konzepten zielen daraufhin ab, den Betroffenen in der Ausnahmesituation eines erlittenen Unfalls bei
der (Wieder-) Erlangung von Selbstwirksamkeit zu unterstützen und damit eine wichtige Voraussetzung
für seine Bereitschaft zur Datenauskunft zu schaffen, z. B. durch Zeigen von Empathie über den
Stimmton (Tonfall und Tonhöhe) oder durch den Einsatz von Kommunikationstechniken wie Spiegeln
und Paraphrasieren und Emotional Labeling. Um diese Ansätze in GIDAS nutzen zu können, müssten
die GIDAS-Teams entsprechend ausgebildet sein oder geschult werden.
In der Zusammenschau der Ergebnisse ergibt sich eine Vielzahl an Empfehlungen zur Verbesserung
der GIDAS-Datenerhebung in Bezug auf die Datenvollständigkeit und -qualität, die an unterschiedlichen
Stellen (z. B. Organisation, Personal) ansetzen und mit unterschiedlichem zeitlichem und finanziellem
Aufwand verbunden sind. Welche dieser Empfehlungen letztendlich aufgegriffen und kurz- oder
mittelfristig umgesetzt werden (können), muss an anderer Stelle entschieden werden.
Verkehrssicherheit. In Deutschland werden seit dem Jahr 1999 im Projekt GIDAS (German In-Depth
Accident Study) Verkehrsunfälle regional und unabhängig von der polizeilichen Zielsetzung nach
wissenschaftlichen Aspekten dokumentiert und rekonstruiert. GIDAS ist ein Gemeinschaftsvorhaben
der Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT e. V.) und der Bundesanstalt für Straßenwesen
(BASt). Die zukunftsorientierte Weiterentwicklung der vertieften Unfallerhebung („GIDAS 4.0“) ist ein
Schwerpunkt der Verkehrssicherheitsarbeit zu Beginn der Dekade 2021 bis 2030 im
Verkehrssicherheitsprogramm der Bundesregierung. Daher war es Ziel dieses Forschungsprojektes,
Empfehlungen für die Verbesserung der GIDAS-Datenerhebung in Bezug auf die Datenvollständigkeit
und -qualität zu erarbeiten. Dazu sollten zum einen motivationale Ansätze identifiziert werden, mit
denen die Beteiligungsrate von Informationsquellen (u. a. Polizeien, Rettungsdienste,
Krankenhäuser, Unfallbeteiligte, Angehörige) optimiert und die Qualität der Datenlieferungen verbessert
werden kann. Zum anderen sollten soziale, kommunikative und psychologische Aspekte der
Datenerfassung durch das GIDAS-Erhebungsteam unter Berücksichtigung organisatorischer sowie
personeller Erfordernisse der Informationsquellen optimiert werden.
Zur Identifikation der Ursachen mangelnder Bereitschaft zur Teilnahme an der Unfallforschung und
Identifizierung geeigneter Ansätze zur Verbesserung der Datenvollständigkeit und -qualität wurden
Literaturrecherchen und Befragungen von Expertinnen und Experten und Institutionen durchgeführt. Die
Ergebnisse der Recherchen und Befragungen wurden tabellarisch aufgenommen, gegenübergestellt
und narrativ zusammengefasst. Für die identifizierten Faktoren wurden Ansätze zur Erhöhung der
Teilnahmebereitschaft und Verbesserung der Datenerfassung in GIDAS abgeleitet. Machbarkeit und
Erfolgspotenzial der Ansätze wurden mithilfe einer Matrix-Methode auf einer dreistufigen Skala bewertet
und anschließend in eine Rangfolge gebracht.
Einflussfaktoren auf die Beteiligungsrate von Individuen können in fünf Gruppen eingeteilt werden: (1)
demografische Faktoren, (2) Bezug zum Unfall, (3) Information und Nutzen für die Individuen, (4)
Erhebungsdesign und (5) Erhebungsteams. Dabei haben Verfügbarkeit von Informationen und
Verständnis für den Zweck der Unfallforschung, der Nutzen einer Teilnahme sowie das Design der
Erhebung den größten Einfluss auf die Teilnahmebereitschaft. Ansätze zur Erhöhung der
Beteiligungsrate von Individuen mit hohem Erfolgspotenzial umfassen u. a. die mündliche statt
schriftliche Befragung - gerade bei einer späteren Kontaktaufnahme im Unfallnachgang oder im Followup
-, die deutliche Verbesserung der Sichtbarkeit und Transparenz der GIDAS-Forschung durch
Veröffentlichungen (u. a. Verbreitung von Analyseergebnissen in populärwissenschaftlichen Formaten),
die Verbesserung der Bedingungen am Unfallort, wie z. B. durch Hilfsmittel, die eine wetterunabhängige
Befragungsatmosphäre gewährleisten, und die Erhöhung des Nutzens der Unfallbeteiligten durch
Anreize, wie die Zurverfügungstellung ihrer Unfalldaten.
Einflussfaktoren auf die Beteiligungsrate von institutionellen Akteuren können in sechs Gruppen
eingeteilt werden: (1) Verwaltung und Recht, (2) Management, (3) Ausstattung, (4) Information, (5)
Identifikation und (6) Kommunikation. In der Zusammenarbeit mit Polizei, Krankenhäusern und
Rettungsdiensten haben vor allem eine rechtlich verbindliche Kooperationsbasis, die vorhandenen
Ressourcen, das Vorliegen von Verfahrensvereinbarungen, Handlungsleitfäden und Infrastrukturen für
den Informationsaustausch, die Identifikation mit dem Zweck von GIDAS und die intensive
Kommunikation zwischen GIDAS und den Institutionen einen Einfluss auf die Teilnahme.
Organisatorische und personelle Ansätze zur Optimierung der Datenerfassung durch die GIDASErhebungsteams
sind vor allem die Verbesserung der personellen Ausstattung durch mehr langfristig
angestellte Fachkräfte mit medizinischer, psychologischer und/oder technischer Ausbildung, die
konstante Finanzierung des Projekts und die Arbeit nach einem Qualitätsmanagementsystem.
In Bezug auf die Grundrechte derjenigen, deren Teilnahmebereitschaft an GIDAS durch motivationale
Ansätze verbessert werden soll, müssten diese aus rechtlicher Sicht so gestaltet werden, dass den
Unfallbeteiligten oder beteiligten unfallnahen Akteuren Vorteile in Aussicht gestellt werden und Anreize
positiv formuliert sind. Im Gegensatz zu Ge- und Verboten würden sie somit nicht als Grundrechtseingriffe
angesehen werden. Auch aus ethischer Sicht sollten die Anreize positiver Art sein,
die Menschenwürde wahren, die Privatsphäre und die Vertraulichkeit persönlicher Informationen der
Teilnehmenden schützen und keinen Druck ausüben.
Auch Ansätze aus der Sozialpsychologie könnten helfen, die Bereitschaft der Unfallbeteiligten zu erhöhen.
Ziel dieser Theorien, wie u. a. die Theorie des geplanten Verhaltens nach Ajzen oder das Prinzip
der Reziprozität ist es, auf Basis sozialer und psychologischer Faktoren, Verhalten (bestmöglich)
vorherzusagen. Hierauf aufbauend können dann Strategien entwickelt werden, um Verhalten in eine
gewünschte Richtung zu verändern. Ansätze zur Optimierung der Datenerfassung aus diesen
Konzepten zielen daraufhin ab, den Betroffenen in der Ausnahmesituation eines erlittenen Unfalls bei
der (Wieder-) Erlangung von Selbstwirksamkeit zu unterstützen und damit eine wichtige Voraussetzung
für seine Bereitschaft zur Datenauskunft zu schaffen, z. B. durch Zeigen von Empathie über den
Stimmton (Tonfall und Tonhöhe) oder durch den Einsatz von Kommunikationstechniken wie Spiegeln
und Paraphrasieren und Emotional Labeling. Um diese Ansätze in GIDAS nutzen zu können, müssten
die GIDAS-Teams entsprechend ausgebildet sein oder geschult werden.
In der Zusammenschau der Ergebnisse ergibt sich eine Vielzahl an Empfehlungen zur Verbesserung
der GIDAS-Datenerhebung in Bezug auf die Datenvollständigkeit und -qualität, die an unterschiedlichen
Stellen (z. B. Organisation, Personal) ansetzen und mit unterschiedlichem zeitlichem und finanziellem
Aufwand verbunden sind. Welche dieser Empfehlungen letztendlich aufgegriffen und kurz- oder
mittelfristig umgesetzt werden (können), muss an anderer Stelle entschieden werden.
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| Veröffentlichung: | 17.03.2025 |
| Seiten | 117 |
| Art des Mediums | E-Book [Kindle] |
| Auflage | 1. Auflage |
| Reihe | Mensch und Sicherheit 354 |
| ISBN-13 | 978-3-956-06838-6 |
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