Hermann Selchow
Die Götter würfeln nicht
- Dialoge durch die Zeit
ISBN: 978-3-384-03360-4
116 Seiten | € 16.90
Buch [Taschenbuch]
Erscheinungsdatum:
04.10.2023
Fantasy
Hermann Selchow
Die Götter würfeln nicht
Dialoge durch die Zeit
Haben uns die alten Mythen noch etwas zu sagen? Was könnten uns die Gestalten aus dem Trojanischen Krieg heute an Erfahrungen vermitteln? Der Autor wollte es wissen. Er hat sich auf den Weg begeben, mit ihnen zu sprechen. Sie haben ihm Rede und Antwort gestanden. Prominente Gesprächspartner konnte er gewinnen, wie Kassandra, Penthesilea oder Odysseus. Seien Sie gespannt auf den Antworten und tauchen Sie ein in die magische Welt der griechischen Mythologie. Dieses Buch "Die Götter würfeln nicht" entführt Sie in fiktive Dialoge mit Gestalten und Kreaturen die ihre Geschichten und ihr Leben mit Ihnen zu teilen bereit sind.
Auszug: "Kassandra"
"Stattdessen wandte sich des Königs Zorn gegen dich. Als hätten deine Vorhersagen all das, was folgte, ausgelöst. Der Botin galt sein Zorn, nicht dem Verursacher. Dir, der Unerhörten, warf er vor, was er seinem Sohn nicht vorwerfen wollte. Zu groß wäre die eigene Bloßstellung gewesen. Ein König war er, wo er hätte Mensch sein müssen, um seiner Selbsttäuschung willen. Und ein Vater war er, wo er hätte ein König sein müssen, um Trojas willen.
Von dir forderte er nun Priesterin zu sein. Dem Apoll solltest du den Sieg über die Griechen abringen. Ihn, den du so tief gekränkt hattest, solltest du anbeten, anflehen für einen Sieg. Du konntest es nicht. Wie denn auch? Und hast den Vater enttäuschen müssen. Du konntest ihm nur die Wahrheit sagen. Die Wahrheit, von der er nichts wissen wollte und für die er dich schmähte.
So blieb euch nur dein Bruder Hektor als Hoffnung, bis Achill diese Hoffnung verspottete und zuschanden machte. Aber was hätte den Troern die Stärke des Hektor gegen die List des Odysseus nützen können? Hielt doch die weise Athene ihre schützende Hand über den Ithaker, während Troja von allen Göttern verlassen schien.
Wie hattest du gefleht, Kassandra. Hast geweint, gebettelt. Du hast sie angeschrien. Dich voller Verzweiflung auf dem Boden gewälzt. Hütet euch vor den Geschenken der Griechen, hattest du wieder und wieder gerufen, deren Preis ist das Verderben. Aber sie glaubten dir nicht. Du warst ein Weib, das von Sinnen schien. Deine Visionen deuteten sie wie immer als Wahn. Hatten die Götter doch, so glaubten sie, ihnen einen leichten Sieg geschenkt. Sie wollten ihrem Wunsch mehr glauben nach den Jahren, als deiner Gewissheit. Betrunken vom Wein und vom vermeintlich guten Ende öffneten Sie dem Tod die bisher unüberwindlichen Tore und empfingen ihn mit offenen Armen.
Arme Kassandra, wie schwer muss dein Schicksal gewogen haben in jener Nacht. Du hattest es gewusst. Du hattest es kommen sehen und konntest sie nicht warnen. Unerhört blieb dein Rufen, dein Flehen. Das Geschrei der Trunkenen übertönte deine Warnung, bis es im Geschrei der Sterbenden unterging.”
Auszug: "Kassandra"
"Stattdessen wandte sich des Königs Zorn gegen dich. Als hätten deine Vorhersagen all das, was folgte, ausgelöst. Der Botin galt sein Zorn, nicht dem Verursacher. Dir, der Unerhörten, warf er vor, was er seinem Sohn nicht vorwerfen wollte. Zu groß wäre die eigene Bloßstellung gewesen. Ein König war er, wo er hätte Mensch sein müssen, um seiner Selbsttäuschung willen. Und ein Vater war er, wo er hätte ein König sein müssen, um Trojas willen.
Von dir forderte er nun Priesterin zu sein. Dem Apoll solltest du den Sieg über die Griechen abringen. Ihn, den du so tief gekränkt hattest, solltest du anbeten, anflehen für einen Sieg. Du konntest es nicht. Wie denn auch? Und hast den Vater enttäuschen müssen. Du konntest ihm nur die Wahrheit sagen. Die Wahrheit, von der er nichts wissen wollte und für die er dich schmähte.
So blieb euch nur dein Bruder Hektor als Hoffnung, bis Achill diese Hoffnung verspottete und zuschanden machte. Aber was hätte den Troern die Stärke des Hektor gegen die List des Odysseus nützen können? Hielt doch die weise Athene ihre schützende Hand über den Ithaker, während Troja von allen Göttern verlassen schien.
Wie hattest du gefleht, Kassandra. Hast geweint, gebettelt. Du hast sie angeschrien. Dich voller Verzweiflung auf dem Boden gewälzt. Hütet euch vor den Geschenken der Griechen, hattest du wieder und wieder gerufen, deren Preis ist das Verderben. Aber sie glaubten dir nicht. Du warst ein Weib, das von Sinnen schien. Deine Visionen deuteten sie wie immer als Wahn. Hatten die Götter doch, so glaubten sie, ihnen einen leichten Sieg geschenkt. Sie wollten ihrem Wunsch mehr glauben nach den Jahren, als deiner Gewissheit. Betrunken vom Wein und vom vermeintlich guten Ende öffneten Sie dem Tod die bisher unüberwindlichen Tore und empfingen ihn mit offenen Armen.
Arme Kassandra, wie schwer muss dein Schicksal gewogen haben in jener Nacht. Du hattest es gewusst. Du hattest es kommen sehen und konntest sie nicht warnen. Unerhört blieb dein Rufen, dein Flehen. Das Geschrei der Trunkenen übertönte deine Warnung, bis es im Geschrei der Sterbenden unterging.”
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Veröffentlichung: | 04.10.2023 |
Höhe/Breite/Gewicht | H 19 cm / B 12 cm / 130 g |
Seiten | 116 |
Art des Mediums | Buch [Taschenbuch] |
Preis DE | EUR 16.90 |
Preis AT | EUR 16.90 |
ISBN-13 | 978-3-384-03360-4 |
ISBN-10 | 3384033604 |
Über den Autor
Ich bin ein alter weißer Mann. Ich war nicht immer alt, aber ich war immer weiß. Das war keine Wahl, es wurde mir sozusagen in die Wiege gelegt. Es ist also kein Makel und kein Privileg – ES IST. Ich höre die Musik anderer alter weißer Männer von Bach & Beatles bis Zappa & Waits. Ich lese die Bücher anderer alter weißer Männer von Brecht bis Whitman. Und ich liebe die Kunst alter schwarzer Männer & auch Frauen, sowohl in der Musik, als auch in der Literatur.Ich wurde sozialisiert (wie man heutzutage sagt) in einem Land vor dieser Zeit. Ich trat mit 19 Jahren in die SED ein und trat 1986 wieder aus. Ich war in der evangelischen Jugend, verweigerte den Reservedienst, verlor meinen Job, machte Gelegenheitsjobs für die evangelische Kirche, wurde unregelmäßig von zwei Herren im Trenchcoat besucht. Die üblichen Spielereien der Macht. Also nichts was nicht Hunderte / Tausende andere genauso oder schlimmer erlebt hätten. Ich war nicht der Typ, der mit gesenktem Kopf und erhobener Faust durch die Gegend lief. Ich nahm die „Bonzen“ einfach nur beim Wort. Das genügte um sie vorzuführen und sich bei ihnen unbeliebt zu machen.
Als alle Weltrevolutionen für uns obsolet geworden waren, zerteilte sich die Gruppe von damals. Gelegentlich trifft man den Einen oder Anderen. Ein kurzes:”Weißt du noch?” und man geht wieder seines Weges. Viele zogen in den “Westen” zur Arbeit. Andere arbeiten noch heute an der Aufarbeitung jener Zeit, wieder andere starteten eine, zu jener Zeit undenkbare Karriere, und manche haben einfach nur Familien, Kinder und kleine Firmen gegründet. Das richtige Leben halt.
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