Der Hund des Nordens
Bei dem Cover musste ich sofort an Reklameschilder am Highway in Amerika denken und damit liege ich auch gar nicht so verkehrt, wie du dem Klappentext entnehmen kannst. An dem Schildermast werden der Name der Autorin und der Titel des Buches durch einen roten Pfeil verbunden, der vermutlich im Dunkeln leuchten würde, wenn es denn eine echte Reklametafel wäre. Es ist nicht unbedingt ein Cover, dass mich auf den ersten Blick anspricht, aber es ist sehr passend zur Geschichte gestaltet.
Der Hund des Nordens von Elizabeth McKenzie erschien im Dumont Buchverlag. Das Buch habe ich in der Goddie Bag bei dem Blogger Treffen des Verlags auf der Leipziger Buchmesse gefunden und es direkt auf meine Juni Leseliste gesetzt. Der Klappentext verspricht einen Roadtrip quer durch die USA und nach Australien. Unternommen wird der von Penny Rush, die gerade an allen Ecken und Kanten etwas zu kitten hat. Ihre Ehe ist gescheitert, ihre Eltern verschollen und ihre Großeltern brauchen auf die eine oder andere Art ihre Hilfe. Wie hier „der Hund des Nordens“ ins Spiel kommt, darfst du gerne selbst lesen. Ich verrate dir aber schon mal soviel, es ist nicht irgendein besonderer Hund, sondern der Bulli, mit dem Penny zum Teil unterwegs ist, wurde von seinem Besitzer so genannt. Und damit startet eine Geschichte, die ich nicht so erwartet hätte.
Beim Lesen war ich etwas zwiegespalten. Und weiß gerade noch nicht so recht, wie ich meinen Lesefluss und mein Leseempfinden in Worte fassen soll. Der Klappentext hat mich auf einen spannenden Roadtrip hoffen lassen, doch den vermisste ich auf den ersten Seiten, denn die Protagonisten setzt sich als erstes in die Bahn, um zu ihrer scheinbar dementen Großmutter zu fahren. Dort kommt „der Hund des Nordens“ ins Spiel, aber den Roadtrip konnte ich auch dort nicht finden. Also musste ich meine Erwartungen beiseitelegen und mich auf die Geschichte einlassen.
So lernte ich nicht nur die etwas verrückte Großmutter kennen, sondern auch ihren Steuerberater, den Besitzer des Bullis. Wer bei der Großmutter eine Oma im klassischen Sinne erwartet, die sich auf ihre Enkeltochter freut, der hat nicht annähernd ein Bild von Frau Dr. Luise Pincer vor Augen. Die Benennung durch Penny sagt da schon einiges aus. Für mich war es nicht wirklich nachvollziehbar, da ich selber ganz andere Großmütter hatte, die beide ihr Lebtag berufstätig waren.
Die Geschichte ist in drei Teile gegliedert, die von der Ich- Erzählerin Penny erzählt werden. Für mich besonders spannend war der zweite Teil, denn dort dürfen wir Penny und ihre Schwester zusammen in Australien erleben. Hier fand ich dann auch endlich den erhofften Roadtrip, der jedoch ein jähes Ende nahm. An dieser Stelle hätte ich mir eine ausführlichere Erzählung erhofft, denn das Ereignis hatte für mich soviel Potenzial, das leider nicht genutzt wurde.
Was ich jedoch besonders fand und was mich bis zum Ende durchhalten ließ, waren die besonderen Beschreibungen von Personen, Umgebungen und Ereignissen. So darfst du dir den Exmann von Penny als Mann mit einem „fassrunden Oberkörper“ vorstellen. Und der Steuerberater wird als „großer, schwerer Mann“ tituliert. Zu ihm habe ich mir auch ein Zitat notiert, dass mir als PTA einfach ins Auge stieß:
„Burts Verdauungsapparat gluckste wie die schwefeldampfenden Geysire im Yellowstone Park.“
Ich war zwar noch nie im Yellowstone Park und kenne nur die heißen Geysire auf Island, aber bei der Beschreibung habe ich ein ganz gutes Bild von Akustik und Geruch in diesem Moment.
Magst du kuriose Figuren und unterhaltsame Beschreibungen? Dann wirst du hier deine wahre Freude haben. Während die Protagonisten noch ziemlich normal erscheint, abgesehen von ihrem selektiven Mutismus, kommen die weiteren Personen mit ganz unterschiedlichen Besonderheiten daher. Die eine hat ein voll ausgestattetes Sprechzimmer im Haus, der andere lebt quasi mit all seinem Hab und Gut zwischen Büro und Auto. Jeder einzelne wird bis ins Kleinste charakterisiert, sodass man als Leser ein ganz genaues Bild von ihm bekommt. Das Kopfkino kommt beim Lesen auf seine Kosten und lässt einen trotz fehlender Spannung weiterlesen.
Kerstins Kartenwerkstatt
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Kommentare
Der Hund des Nordens
Wir begleiten Penny auf einem Roadtrip quer durch Kalifornien in einem alten meeresgrünen Van namens ›Hund des Nordens‹ und auf einer Reise bis nach Australien. Sie freundet sich auf ihrer Tour nicht nur mit zwei Brüdern an, die sich vielleicht ein Toupet teilen, sondern kriegt auch nach und nach den Wahnsinn, der ihr Leben ist, in den Griff. Zumindest ein bisschen. Treu an ihrer Seite: ein verhaltensauffälliger Spitz. Und dann verliebt sich Penny sogar – ein paar zusätzliche Irrungen und Wirrungen machen schließlich auch keinen Unterschied mehr.
Dieser exzentrische, detailverliebte und empathische Roman mit seiner durch und durch sympathischen Heldin lässt sich kaum aus der Hand legen und zeigt, dass nicht nur alle Familien auf ihre Art unglücklich sind – sondern vor allem auf ihre Art verrückt.