Kerstins Kartenwerkstatt

Kerstins Kartenwerkstatt – Kreatives aus Papier und ganz viel über Bücher

Strandgut

01.09.2025 - 07:31 Uhr
Cover: Strandgut

Strandgut von Benjamin Myers erschien im Dumont Buchverlag. Es handelt von Earlon Bucky Bronco, einem von Schmerz gepeinigten Amerikaner, der in seinen jungen Jahren einen Song veröffentlicht hat. Und von Dinah aus Scarborough, die mitten im Leben steht und ein faible für Soulmusik hat. Alles Weitere erfährst du beim Lesen oder ein wenig mehr auch im Klappentext.

Ich muss ja gestehen, dass ich bei dem Cover und dem Titel des Buches etwas ganz anderes erwartet hatte. Ja, ich habe den Klappentext gelesen und wusste, dass es um einen ältlichen Sänger geht, der eine Einladung nach England bekommen hat. Doch da ich mit England direkt die Nordsee verbinde, habe ich mir Strandgut in irgendeiner Form vorgestellt. Tja, der kam nicht wirklich, dafür aber eine Geschichte voller Liebe zur Musik.

Ich habe das Buch in Etappen gelesen, da ich nach meiner anfänglichen Diskrepanz zwischen Erwartung und der tatsächlichen Geschichte das Buch zur Seite legen musste. Doch beim Weiterlesen hat mich Bucky in sein Leben gezogen. Besonders seine Rückblenden in seine Jugend haben es mir angetan. So konnte ich ihn als Person immer besser greifen und nachvollziehen, wie er der geworden ist, der er war.

Dinah hingegen fand ich von Anfang an unterhaltsam. Ich hatte direkt einen Groupie vor Augen und musste dann immer wieder schmunzeln, weil Bucky so gar nichts damit anfangen konnte, einfach herz allerliebst.

Die Wortgewandtheit des Autors bzw. auch des Übersetzers hat mich sofort fasziniert. Die Sprache ist sehr bildlich und so sitzt man quasi bei Dinah im Auto und holt Bucky vom Flughafen ab. Ein Zitat zu Beginn der Geschichte habe ich dir angefügt. Da zeigt Bucky sehr eindrucksvoll seinen Start in den Tag.

„Wenn allein der Gedanke, aus dem Bett zu kommen, schon monumental schien, war die Vorstellung, um die halbe Welt zu reisen, eine Abstraktion, mit der er sich nicht befassen konnte, bevor er nicht wenigstens gefrühstückt, seinen ersten Kaffee getrunken, lange und ausgiebig geduscht, seine Tabletten genommen und einen zweiten Kaffee in sich hineingeschüttet hatte.“

Also ich hatte an dieser Stelle ein ganz genaues Bild vor Augen und freute mich auf weitere Momente, in denen die Sprache Bilder entstehen ließ. Dabei springt mir direkt der nächste Satz ins Auge.

„Leiden? Wie viel Zeit haben Sie? Ich würde sagen, dieses mitgenommene alte Kriegsschiff von einem Körper wird nur noch von Haut, Tabletten und Hoffnung zusammengehalten, und sonst von kaum mehr etwas. Verflucht. Alt werden ist so übel wie die Schweinepest.“

Und da aller guten Dinge drei sind, habe ich noch ein weiteres Zitat, das mir besonders am Herzen liegt und in dem so viel Wahrheit steht.

„Das war mit das Schlimmste am Altwerden, das Gefühl, zurückgelassen worden zu sein, einer der letzten zu sein, die die Party verließen, vielleicht auch das Gefühl, die Gastfreundschaft dieser Welt überstrapaziert zu haben.“

Magst du ruhige und skurrile Geschichten? Hast du ein Faible für britischen Humor? Dann kommst du in Strandgut von Benjamin Myers auf deine Kosten. Begleite den Sänger Bucky, der quasi nur ein einziges Mal gesungen hat auf eine Reise nach England, wo er quasi als Idol gefeiert wird. Schau in das Leben von Dinah und verstehe ihre absolute Vernarrtheit in die Musik im allgemeinen und Buckys Lied im Speziellen. Freue dich auf ein paar unterhaltsame und sehr bildgewaltige Zeilen. Auch wenn ich zu Beginn so meine Probleme mit der Geschichte hatte, habe ich sie bis zum Schluss sehr gerne gelesen und hatte ein paar schöne Lesemomente. Ich empfehle das Buch gerne weiter, doch Achtung, lese meine kurze Anmerkung zu Titel und Cover und lass dich davon nicht in die Irre führen.


Gesamtbewertung: 4/5
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Klappentext

Strandgut

Belletristik von Benjamin Myers
Cover: Strandgut Earlon »Bucky« Bronco hat mit seinen siebzig Jahren noch nie das Meer gesehen. Und doch treibt er seit dem Tod seiner Frau durch Chicago wie ein Schiffbrüchiger. Zwischen Bett und Walmart-Apotheke zählt er die Stunden bis zum Ende. Da erreicht ihn eine unerwartete Nachricht: eine Einladung zu einem Soul-Festival im englischen Scarborough. Tatsächlich hat Bucky eine Vergangenheit als Soulsänger, doch in den USA sind seine wenigen Songs längst vergessen. An der britischen Küste angekommen, begreift er, dass er hier eine Art Legende ist. Und er trifft auf Dinah, eine melancholische und lebenskluge Mittfünfzigerin, die ihren deprimierenden Alltag am besten vergessen kann, wenn sie Buckys Lieder hört oder sich in die kalte Nordsee stürzt.
Benjamin Myers erzählt von zwei Gestrandeten, von den Stürmen des Lebens und dem Sog der Erinnerung. Vor allem aber erzählt er vom Meer, auf dessen Oberfläche immer ein Streifen Hoffnung schimmert.

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