Das Buch vom Salz

Die Geschichte beginnt mit Binh, der seit einigen Jahren in Paris lebt und als Koch in verschiedenen Haushalten arbeitet. Es ist nicht einfach fĂŒr ihn, sofern seiner Heimat FuĂ zu fassen. Seine Arbeitsstellen behĂ€lt er nie lange; meist kĂŒndigt er selbst, nicht ohne GegenstĂ€nde aus dem jeweiligen Haushalt mitzunehmen. Bevor die Herrschaft merkt, dass etwas fehlt, ist er schon weg.
Eines Tages liest er eine Stellenanzeige:
âKoch gesucht. Zwei amerikanische Damen wĂŒnschen, einen Koch einzustellen. Rue de Fleurus â melden Sie sich beim Concierge.â
Die zwei amerikanischen Damen sind Alice B. Toklas und Gertrude Stein. FĂŒnf Jahre lang arbeitet Binh bei dem exzentrischen Paar, denen ihre beiden verzogenen SchoĂhĂŒndchen ebenso am Herzen liegen wie der kĂŒnstlerische Nachwuchs der Pariser Moderne. Jeden Samstagnachmittag kommen junge MĂ€nner zu ihnen zum Tee. Einer von ihnen wird Binhs Liebhaber. Binh hat seine Heimat nicht aus Abenteuerlust verlassen; seine HomosexualitĂ€t zwang ihn zur Flucht. So landet er nach einigen Jahren als Schiffskoch in Paris und schlieĂlich im Haushalt von Gertrude Stein und Alice B. Toklas.
Binh erzĂ€hlt als Ich-ErzĂ€hler stets aus seiner eigenen Perspektive. Der Roman besteht aus bestĂ€ndigen Vor- und RĂŒckblenden, und obwohl man bei genauem Lesen erkennt, welche ErzĂ€hlstrĂ€nge die eigentliche Rahmenhandlung bilden, verschwimmt es manchmal, ob gerade ein Zeitsprung nach vorne oder nach hinten stattfindet.
Monique Truongs Schreibstil ist sehr bildhaft. Auch wenn ihr Protagonist nicht immer die richtigen Worte findet, gibt sie ihm die passenden AusdrĂŒcke, indem er ĂŒber Rezepte nachdenkt. Diese Worte zergehen auf der Zunge. Allein die Beschreibung eines so einfachen Essens wie Reis, der je nachdem, wie man ihn nach dem Kochen behandelt, seine Konsistenz verĂ€ndert, ist sprachlich meisterhaft. Truong versteht es, Binhs inneres Erleben und die AtmosphĂ€re der Pariser Kulturszene der 1920er Jahre lebendig und anschaulich zu schildern.
Binh ist eine fiktive Person, was der Autorin die Gelegenheit gibt, Fiktion und Fakten wunderbar miteinander zu verbinden. Sie schafft es, historische Figuren und Ereignisse geschickt in eine erfundene ErzĂ€hlung einzubetten, die dennoch authentisch wirkt, besonders fĂŒr Leserinnen und Leser wie mich, die nichts ĂŒber die "Steins" wissen. Und die nichts ĂŒber die französischen Kolonien wissen, auch darĂŒber weiĂ ich so gut wie nichts, auch darĂŒber schreibt die Autorin und weckt mein Interesse daran, mehr darĂŒber zu erfahren.
Fazit:
»Das Buch vom Salz« von Monique Truong ist ein faszinierender Roman, der die Geschichte von Binh, einem vietnamesischen Koch in Paris, erzĂ€hlt. Durch seine Augen lernen wir Gertrude Stein und Alice B. Toklas kennen und erleben die Pariser Kulturszene der 1920er/ 1930er Jahre. Truong beschreibt auf eindrucksvolle Weise Binhs inneren und Ă€uĂeren Konflikte und verwendet dabei oft kulinarische Metaphern, die das Lesen zu einem Genuss machen. Ein Roman, der durch seine schöne Sprache und tiefen Emotionen besticht.