
Rezension zur Satire Gottesacker von Sonja Wolfer
Vor kurzem ist in Eigenregie die Satire „Gottesacker: Der Tod ist nicht das Ende“ von Sonja Wolfer erschienen.
Die Satire spielt auf einem ländlichen Friedhof, und die Protagonisten des nächtlichen Gesellschaftslebens sind skelettiert, teilskelettiert oder wirbeln als Asche um die Grabsteine herum. Wer glaubt, das Leben als Skelett sei ohne Vorschriften, der irrt. Für unsere skelettierten Freunde besteht zum Beispiel eine Friedhofsordnung, die das Zusammenleben regelt. Verbote und Vorschriften gibt es also wie im richtigen Leben zuhauf. Die Satire wird von spöttischer Bürokratiekritik getragen. Und damit sind wir bei der Grundidee, auf der die Geschichte aufbaut. Die Wahl des Settings ist originell und bietet Potenzial für humorvolle und übertriebene Darstellungen, um gesellschaftliche Missstände und Absurditäten zu entlarven. Teilweise gelingt es der Autorin über Ironie und Sarkasmus kritische Reflexionen beim Leser auszulösen. Und hier knüpft die Autorin an eine reiche Tradition von Schriftstellern an, die sich mit satirischen Werken einen Namen gemacht haben. Autoren wie Kurt Tucholsky, Ephraim Kishon und Loriot haben mit ihrem scharfen Witz und ihrer intelligenten Beobachtungsgabe bewiesen, wie bleibend Satire sein kann, wenn sie gut ist.

Leider fällt die Geschichte mit zunehmender Länge ab. So unterhaltsam die ersten Seiten auch sind, so gelungen auch das Spiel mit den Erwartungen des Lesers, am Ende fehlt die Steigerung. Im Verlauf sind die geschilderten Vorkommnisse zu ähnlich und der Witz zu gleichförmig. Neues fehlt, und es fehlt an überraschenden Wendungen. Im Mikrokosmos des beschaulichen Friedhofs reichen die teilweise brillanten Wortspiele auf Dauer nicht aus, um Spannung und Humor aufrechtzuerhalten.
Eine Alternative wäre gewesen, die Handlung in die Zukunft zu verlegen: Eine KI-gestützte Trauer- und Beerdigungsbegleitung und heutige Politiker, die ihre Debatten auf dem Friedhof fortsetzen, hätten genügend Stoff für einen satirischen Roman geboten. Als Autor hätte man dann aus dem Vollen schöpfen können. Aus meiner Sicht hätten konkrete Bezüge zur Tagespolitik, die Satire bereichert. Eine verpasste Chance für dieses gute Setting.
Natürlich ist der Geschmack für Humor subjektiv, und dies gilt sicherlich auch für Formulierungen und Inhalte. Die Satire „Gottesacker“ ist kein Stoff für jedermann, aber wer Satire mag, kann hier auf seine Kosten kommen. Der Romananfang hätte fünf von fünf Knochen verdient. Für die gesamte Satire vergebe ich, dreieinhalb von fünf Knochen - natürlich schimmelfrei und ohne Knochenfraß, um im Kontext der Satire zu bleiben.
Gottesacker
Kommentare

Edward Poniewaz
Kolumnist auf lesehits.deHier gebe ich konstruktives Feedback zu Neuerscheinungen, zum Buchmarkt und zu gesellschaftlichen Themen.