Bücher auf Rezept

Sollten Bücher vom Arzt verschrieben werden?

02.08.2024 von Edward Poniewaz

Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass sich Lesen positiv auf Blutdruck und Herzfrequenz auswirkt. Der gesundheitliche Nutzen geht also weit über das allgemeine Wohlbefinden hinaus, wie die heute kaum noch beachteten Studien von Rizzolo, D. 2009 und Rane-Szostak, D. 1995 belegen. Eine weitere Studie belegt, dass Lesen präventiv gegen Demenz wirkt. Im Rahmen dieser Studie wurde das Lesen als proaktive Maßnahme identifiziert, die dem Abbau kognitiver Fähigkeiten im Alter entgegenwirkt (Esteve, ME, 2013).

Damit ist das Lesen wirksamer als die zahlreichen Tinkturen und Tropfen, die im Rahmen einer homöopathischen Behandlung eingenommen werden. Bei homöopathischen Mitteln ist eine Wirkung, die über den Placeboeffekt hinausgeht, bis heute nicht in großen Studien nachgewiesen worden. Sollte man also bei vielen Beschwerden und Krankheiten nicht lieber in die Buchhandlung als in die Apotheke gehen? Aber vielleicht vermisst man dann den meterlangen Beipackzettel in der Schriftart Arial 2?

Als kleinen Beipackzettel kann man bei Büchern Klappentext und die noch ziemlich moderne Triggerwarnung verstehen. Auch beim Bücherkauf, ob für die Reiseapotheke oder die Hausapotheke, sollte man wie bei Medikamenten die Nebenwirkungen kennen: Gefühlsachterbahn, Nervenkitzel, unerwartete Wendungen. Und natürlich auch der krampfhafte Zwang, das Buch nicht aus der Hand legen zu können. Und nicht zu vergessen: Rätselhafte Handlungen können einem den Schlaf rauben. Insofern ist eine umfassende Beratung durch den Buchhändler unumgänglich.

Die Buchhändler werden uns zwar nicht im weißen Kittel empfangen, und ein Päckchen Taschentücher wird es wohl auch nicht geben. Dennoch lohnt sich der Gang in die Buchhandlung: Bei niedrigem Blutdruck könnte der dosierte Einsatz von Fitzek und Co. helfen.

Was würde der Buchhändler des Vertrauens bei Einschlafproblemen und Schlaflosigkeit empfehlen? Jetzt bitte nicht zum Sachbuch greifen. Keinen inneren Druck aufbauen: Einschlafmeditation funktioniert nicht und Tiefschlafmusik geht auch nicht. Bücher statt Schäfchen zählen, ist auch keine Lösung. Vielleicht Heinrich Heine? Deutschland. Ein Wintermärchen? Auch Allmen und Herr Weynfeldt von Martin Suter kann Einschlafprobleme lösen – zumindest bei mir. Es ist wunderbar, bei hohem Blutdruck aus zahlreichen Büchern wählen zu können.

Statt zum Arzneischrank doch lieber zum Bücherregal? In diesem Sinne: Lesen Sie sich gesund.

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    Edward Poniewaz

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