Bastei Lübbe Hauptversammlung 2024

Hauptversammlung der Bastei Lübbe AG - der Kuchen, den es zu verteilen gilt?

12.09.2024 von Edward Poniewaz

Wer die Hauptversammlung der Bastei Lübbe AG in Köln besuchte, staunte nicht schlecht. Vor dem Eingang wurden die Aktionärinnen und Aktionäre von Übersetzerinnen und Übersetzern begrüßt und mit Informationen versorgt, die auf ihre missliche Lage hinwiesen. Der Berufsverband der Literaturübersetzerinnen und -übersetzern protestierte mit Unterstützung von ver.di und weiteren Verbänden gegen zu niedrige Übersetzungshonorare bei Buchprojekten. Für die Anteilseigner folgten wohl nachdenkliche Schritte, die dennoch zur Hauptversammlung führten. Welche Antworten sollten gegeben werden?

Müssen wir hier von einem Kuchen sprechen, den es zu verteilen gilt? Bastei Lübbe konnte seinen Umsatz von € 100 Mio. im Geschäftsjahr 2022/2023 auf € 110,3 Mio. im Geschäftsjahr 2023/2024 steigern. Diese 10,3% sind allerdings auch vor dem Hintergrund der hohen Inflation im abgelaufenen Geschäftsjahr zu sehen. Das Ergebnis hat sich von € 7,2 Mio. auf € 14,0 Mio. sehr positiv entwickelt, zudem haben sich nahezu alle Konzernbereiche erfreulich entwickelt. Auch der Ausblick auf das kommende Geschäftsjahr 2024/2025 ist optimistisch. Die Konzernleitung strebt bei moderatem Wachstum eine Marge von über 10% an. Mit anderen Worten: Bastei Lübbe ist wirtschaftlich stabil und gut aufgestellt. All dies wäre in einem herausfordernden Branchenumfeld nicht möglich, wenn nicht die Mitarbeitenden, Lieferanten und externen Dienstleister ihren Beitrag geleistet hätten.

Die Aktionäre partizipieren an dieser erfreulichen Entwicklung durch eine erhöhte Dividendenausschüttung. Diese wurde von € 0,16 auf € 0,30 angehoben und entspricht damit bei einem Kurs von € 9,85 einer Rendite von rund 3 Prozent. Hiervon profitierten insbesondere die großen Anteilseigner Familie Lübbe und die Rossmann Beteiligungs GmbH, die ihre Anteile in den letzten Monaten nochmals deutlich erhöht hat. Für eine risikobehaftete Kapitalanlage liegt diese Rendite im unteren Bereich. Und nun zur Gruppe der Beschäftigten im Konzern: Im Geschäftsjahr wurden durchschnittlich 323 (Vorjahr 319) Mitarbeitende beschäftigt. Der Personalaufwand stieg im Geschäftsjahr um 1.263 TEUR auf 21.491 TEUR. Somit lag der Personalaufwand pro Mitarbeiter im Geschäftsjahr bei rund 66,5 TEUR (Vorjahr bei TEUR 63,4). Auch hier kann von einem moderaten Anstieg gesprochen werden.

Nach den vielen Zahlen des Jahresabschlusses nun der Versuch einer Antwort. Was sind marktgerechte und faire Preise? Im Großen und Ganzen bewegen wir uns in einem Dilemma, manchmal profitieren wir, manchmal spüren wir die Nachteile des Marktes schmerzlich. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Auf dem Arbeitsmarkt gibt es gesetzliche Untergrenzen, oberhalb derer sich die Unternehmen bewegen. Doch wie sieht es mit den freiberuflichen Kreativen aus? Ungleichgewichte entstehen immer dann, wenn auf einer Seite des Marktes ein Überangebot besteht. Hinzu kommen die Möglichkeiten der KI, die zu einer Beschleunigung des Übersetzungsprozesses führen wird, auch wenn der Mensch immer noch eingreifen muss.

Wir brauchen abseits der Marktgesetze branchenweite Honoraruntergrenzen und eine faire Bezahlung auch für Freie. Das sollte auch für den Leser sichtbar sein. So etwas wie ein Siegel »Fairer Umgang mit unseren Dienstleistern«, wäre aus meiner Sicht eine wichtige Ergänzung im Geschäftsbericht. Vielleicht macht Bastei Lübbe auch hier den Anfang und vielleicht ziehen andere Verlage nach. Es wäre allen Beteiligten zu wünschen.

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Edward Poniewaz

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