In Krapp’s Last Tape interagiert ein Mensch mit einem anthropomorphen Tonbandgerät, in Play spielt ein sadistischer Scheinwerfer die Hauptrolle. In gleich zwei Dramen setzt Beckett – zum Entsetzen der menschlichen Figuren – eine bösartig wirkende Kamera ein und streift spätestens hier das Horrorgenre.
Sämtliche Dramen des Literaturnobelpreisträgers, in denen Technik zum Einsatz kommt, vermenschlichen die Medien und schreiben ihnen eine Existenz zu, die weit über den vertrauten Kontext hinausgeht. Beckett reizt dabei die Grenzen der Bühne, des Radio- und Fernsehstudios so aus, dass die Vorstellung einer Mensch-Maschine-Interaktion vorweggenommen und evident wird. Diese Studie nimmt erstmals systematisch das gesamte technikintensive dramatische Werk Becketts vor dem Hintergrund des konsequent eingesetzten Stilmittels der Anthropomorphisierung in den Blick.
INHALT
A. EINLEITUNG UND ÜBERBLICK: BECKETTS MEDIENEINSATZ IM DRAMA1
I. Einführung: Beckett als Neuerer des Theaters1
II. Thema: Becketts Verwendung der Medientechnik3
1. Frühe Medieneinsätze4
2. Theatermedien6
a. Körper auf der Bühne6
b. Stimmen auf der Bühne7
3. Mikrofonmedien8
4. Kameramedien10
5. Mediale Adaptationen13
III. Methodik und Forschungsstand15
1. Kongruenzen der Mediennutzung in Becketts Dramen15
2. Der Medienbegriff und seine Anwendung auf Becketts Werk17
3. Medien in Forschung und Theorie19
4. Aspekte der medialen Rezeption Becketts28
5. Beckett und die Presse28
B. ANTHROPOMORPHISIERUNG DURCH MEDIEN IN BECKETTS WERK34
I.Medien-Einsatz im Bühnendrama34
1. Krapp’s Last Tape – Das mechanische Gedächtnis34
a. Zur Entstehung von Krapp’s Last Tape35
b. Die Figur Krapp36
(1) Der junge Krapp – Sucht und Sehnsucht37
(2) Krapp mittleren Alters – Licht und Schatten38
(3) Der alte Krapp – Aufzeichnungen eines Clowns39
c. Beziehungsgespräche41
(1) Biographische Entsprechungen42
(2) Die Physiognomie der Technik43
(3) Medium als Protagonist45
d. Nachhall des Letzten Bandes48
(1) Becketts Berliner Inszenierung49
(2) Redundanzen auf Abruf53
(3) Krapp’s Last Tape ohne Rekorder?54
2. That Time – Medien als Verstärker56
a. Korrelation von „Listener“ und Lautsprecher56
(1) Stationen des „Listeners“56
(2) Intimität durch Technik58
b. Stimmen der Identität59
(1) Parallelen zwischen Krapp’s Last Tape und That Time59
(2) Kontrollierte Erinnerungen?60
(3) That Time ohne Lautsprecher?62
3. Play – Licht als Medium63
a. Es sind vier Charaktere64
b.Mediator „Spotlight“68
c. „Spot“ und „Light“ bei Beckett70
d. Play-Scheinwerfer als postmoderner Peiniger71
e. Play ohne Spotlight?72
4.Rockaby – „V“ als Partnerin73
a. Zwei Stimmen einer Protagonistin73
b. „Gefühllose“ Technik75
c. Entmenschlichung der Bewegung77
II. „That sound you hear is the sea“: die Hörspiele79
1. All That Fall – gehörte Gegensätze79
a. Die Entstehung von Becketts Radiokunst79
b. Wege und Rätsel82
c. Maddy Rooneys Perspektive85
d. Vergleichbare Perspektiven86
(1) Wahrnehmung in Borcherts Draußen vor der Tür86
(2) Erzählperspektive in Thomas’ Under Milk Wood88
(3) Spezielle Perspektivtechniken in All That Fall89
(4) Maddys Schlussperspektive92
2. Vom Realismus in die Innenwelt: die kürzeren Radiostücke93
a. Embers – gestrandet im Geiste93
(1) Selbstreflexivität93
(2) Präsenz in Embers97
(3) Henrys innere Umgebung98
b. Words and Music: Cascando101
(1) Zur Stille und Pause102
(2) „Microphones of the Skull“104
c. Becketts Musikspiele107
d. Wege ins Unbewusste111
III. „E is the camera“ – visuelle Medienspiele113
1. Der Film-Film113
a. Zur Film-Typisierung114
b. Die erste „lebende“ Kamera116
c. Das Problem der Erfassung119
2. Eh Joe – Reiz der TV-Aufnahme120
a. Bedrohung durch die Kamera121
b. Die Stimme des Gewissens122
c. Zur Intimität des Mediums „TV“124
3. Medienhybrid Ghost Trio125
a. Zur Rolle der Stimme126
b. „V“ als Parodistin und Marionettenspielerin128
c. Das Versagen der Audio-Vision130
4. Evozierende Aufnahmen: …but the clouds…133
5. Quad im Quadrat135
6. Nacht und Träume – der letzte Doppelgänger138
7. Die Inspirationen des Horror-Genres141
a. Zur Relevanz der Verbindung „Beckett und Horror“143
b. Becketts bizarre Mimen145
c. Bemerkungen zur Gattung „Horror“146
d. Geisterdramen149
e. Fritz Lang und Becketts filmischer Horror150
f. Von Beckett inspirierte Horrorwerke154
IV. Bedingungen für TV- und Radio-Adaptationen159
1. Bühnenwerke als Hörspiele?164
2. Not I reüssiert als Fernsehstück167
3. Das Projekt Beckett on Film169
a. „as alike as possible“ – Vorteile der Medientechnik?169
b. Rezensionen und Kritik173
4. What Where als Fernsehstück177
5.Harald Schmidt – „Die Beckett-Show“180
C. SCHLUSS UND AUSBLICK186
D. LITERATURVERZEICHNIS194