Wie schon bei Steve Cavanaghs erstem Eddie-Flynn-Thriller “The Defense” (bzw. “Zu wenig Zeit zum Sterben”) merkt man auch bei der Fortsetzung “The Plea” (dt. ”Gegen alle Regeln”) schnell, dass man es hier nicht mit einem staubtrockenen Gerichtsroman zu tun hat, in dem sich die Protagonist:innen kapitelweise Paragraphen um die Ohren hauen. Stattdessen spielt sich der Großteil der Geschichte außerhalb des Gerichtssaals ab und hat zudem einen recht hohen Actionanteil, was auch daran liegt, dass Eddie Flynn eben nicht dem typischen Klischee eines spießigen Anwalts entspricht - schließlich ist es wohl eher die Minderheit der Juristen, die auf eine Karriere als Betrüger zurückblicken kann und gute Kontakte zum organisierten Verbrechen hat. Vieles in diesem Buch entspricht also nicht gerade dem typischen Anwaltsalltag, dennoch kann Cavanagh als selbst praktizierender Jurist auf ein solides Fundament zurückgreifen, was den doch vorhandenen juristischen Aspekt dieser Geschichte betrifft - so weiß der Mann bei aller kreativen Freiheit immer genau, worüber er hier schreibt.
Alles in allem liefert der Autor hier einfach gute und rasante Unterhaltung und beweist einmal mehr seine Pageturner-Qualitäten. Das beginnt mit dem dramatischen Prolog und zieht sich durch die gesamte Handlung bis zum spannenden Ende. Eddie Flynn ist aufgrund seiner etwas zwielichtigen Vergangenheit ein spannender Charakter, bringt aber trotz einiger fragwürdiger Verbindungen eine gewisse Aufrichtigkeit mit, die sein Dilemma in dieser Geschichte glaubwürdig macht und ihn selbst sympathisch erscheinen lässt - was man von Anwält:innen wahrlich nicht immer behaupten kann. Ein spannender und wendungsreicher Justiz-Action-Thriller, der für reichlich Unterhaltung sorgt und Lust auf die Folgebände macht.
8 lange Jahre hat es gedauert, bis Jürgen Kehrer seinen Detektiv Georg Wilsberg endlich auch einmal wieder in Buchform ermitteln lässt. Und das Warten hat sich gelohnt. Schon nach wenigen Seiten ist das alte Wilsberg-Feeling wieder da und es kommt einem vor, als hätte man das letzte Buch der Reihe erst gestern gelesen.
Dieses Mal führen die Ermittlungen des chronisch abgebrannten Privatdetektives in die Schlager- und Volksmusik-Szene (Ähnlichkeiten zu real existierenden Vertretern dieser Musikrichtung sind dabei natürlich wieder einmal reiner Zufall und auf keinen Fall beabsichtigt.) und in die Untiefen des Münsteraner Karnevals. In bekannt lakonischer Schreibweise treibt der Autor seinen Akteur von einer absurden und gefährlichen Situation in die Nächste und Wilsberg muss dabei auch wieder einiges einstecken. Doch das Stehaufmännchen lässt sich ja bekanntlich nicht unterkriegen und so führt seine Hartnäckigkeit schlußendlich doch wieder zur erfolgreichen Lösung des Falles.
Hier steht in jedem Fall klar der Spaß im Vordergrund, und da sieht man über kleinere Logiklöcher in der Handlung auch gerne gnädig hinweg.
Wer Wilsberg bisher nur aus dem Fernsehen kennt, wird Figuren wie Ecki, Alex, Kommissarin Springer und auch ihren Assistenten Overbeck vermissen, diese sind aber reine Erfindung der TV-Autoren und haben in den Büchern nie eine Rolle gespielt. Das der Autor dies hier konsequent beibehält, gefällt mir sehr gut, obwohl bei den ermittelnen Kommissaren Bauer und Langenbeck gewisse Vergleiche zu den entsprechenden TV-Figuren doch auf der Hand liegen.
Fitzek war mir ein Begriff, schon klar, allerdings habe ich bislang keinen einzigen seiner Thriller gelesen. Wieso habe ich ausgerechnet zu diesem Buch gegriffen? Zum einen, weil mich sein Roman "Der erste letzte Tag" berührt und beeindruckt hat, sodass es mir logisch erschien, den "Fitzek-Test" mit diesem Kompass fortzusetzen, zum anderen, da der Titel viel Interpretationsspielraum über den Inhalt lässt.
Über den Erzählstil kann man diskutieren, mich persönlich hat dieser sehr angesprochen, da von Herzen erzählt und niedergeschrieben wurde und auch die humorvolle Seite nicht zu kurz kam. Ich hatte das Buch dadurch in kurzer Zeit durch.
Das soll aber keineswegs heißen, dass es eine leichte Lektüre ist: Es wirft viele Fragen auf, es bringt einen zum Nachdenken und ist nicht zuletzt äußerst lehrreich. Man kommt nicht umhin, sich mit Themen auseinanderzusetzen, die bislang für einen vielleicht nicht präsent waren. Sehr hilfreich auf diesem Weg ist der Anhang des Buches.
Für mich eine klare Empfehlung (nicht nur für Eltern oder Pädagog:innen). Dieses Buch ist eine wundervolle Bereicherung!
"Du öffnest Bücher und sie öffnen dich." - Treffender könnte ich es gerade für dieses Buch nicht ausdrücken.
Und nun bleibe ich mal eine Zeit bei Fitzek und seinen Psychothriller hängen, auf diese bin ich nun mehr als gespannt :)
Titel: Wir sitzen mit Herrn von Schirach gemeinsam im Regen
Entscheidend ist nicht, was auf dem Papier steht, sondern was im Kopf des Lesers entsteht. Ferdinand von Schirach versteht es wie kein anderer, mit wenigen Worten Melancholie spürbar zu machen. Wir sitzen mit ihm im Regen, und wer sich wünscht, es möge aufhören, hofft vergeblich. Ein großartiger, reduzierter Sprachstil mit einer unglaublichen Präzision. Ich habe alle seine Bücher gelesen und sie waren alle lesenswert. Diese Novelle gehört dazu. Für mich ist der erste Teil, Seite 7 bis 57, ein Meisterwerk.
Kurz zur Geschichte: Die bewusstlose Lea wird aus der Spree gezogen. Niemand ist sich sicher, ob es ein Unfall oder ein Selbstmordversuch war. Langsam setzen ihre Erinnerungen wieder ein und sie entschlüsselt die ersten Geheimnisse. Zudem hat die Polizei sie inzwischen in Verdacht, dass ihr Gedächtnisverlust mit dem spurlosen Verschwinden einer Freundin in Zusammenhang steht. Vielleicht ist sie auch die Täterin.
Mein Leseerlebnis: Von Anbeginn bin ich in eine solide Story eingetaucht, die mich nach den ersten Seiten gefesselt hat. Mit der Protagonistin Lea konnte ich mich gut identifizieren. Ihre Handlungen sind logisch und an ihrer Stelle hätte ich auch, die eine oder andere Entscheidung getroffen. Der Kommissar gehört allerdings in die Kategorie „Geschmackssache“. Axel Hollmann ist ein guter Thriller gelungen, der auf Lesehits eine Empfehlung wert ist.